Workforce Management (WFM) ist mehr als nur Forecasting und Schichtplanung. Es geht darum, die Interessen von drei wichtigen Gruppen auszubalancieren: Unternehmen, Mitarbeiter und Kunden. Dieses Gleichgewicht zu finden, ist nicht einfach. Was passiert, wenn es einfach nicht funktioniert? Hier sind drei Szenarien, die Dir zeigen, was passieren kann, wenn das Gleichgewicht gestört ist, und was Du als WFM-Planer tun kannst, um die Harmonie wiederherzustellen.
Szenario 1: Du priorisierst Umsatz-KPIs
Gewinnmaximierung ist ein starkes Interesse in jedem Unternehmen. Und als WFM-Manager ist es Deine Aufgabe, die betriebliche Effizienz sicherzustellen. Effiziente Dienstpläne steigern oft direkt den Umsatz. Dies verleitet viele Planer dazu, bei der Schichtplanung nur auf kurzfristige Unternehmens-KPIs zu achten und langfristige Folgen zu übersehen.
Ein typisches Szenario: Du beginnst, Kosten zu senken, indem Du jeden verfügbaren Agenten effizient einsetzt, um das Service-Level zu erreichen. Du maximierst den Output Deiner begrenzten Mitarbeiter und streichst "Unnötiges" wie Meetings, Coaching und Schulungen. Die Folge: Deine Agenten sind unzufrieden, und Top-Performer beginnen zu klagen.
Dies könnte folgende Probleme verursachen:
- Einige Agenten arbeiten immer wieder in den gleichen unbeliebten Schichten.
- Die Dienstpläne werden häufig geändert.
- Die Präferenzen Deiner Mitarbeiter werden nicht berücksichtigt, was ihre Work-Life-Balance beeinträchtigt.
- Es gibt keine Pausen zwischen den Anrufen, um durchzuatmen.
- Agenten erhalten nicht die Unterstützung, die sie benötigen, um ihre Arbeit effektiv zu erledigen.
Obwohl die Effizienz kurzfristig gesteigert wurde, wird dies langfristig die erzielten Gewinne verringern. Erste Symptome sind eine sinkende Mitarbeiterzufriedenheit und steigender Krankenstand. Mit der Zeit siehst Du möglicherweise diese Folgen:
- Höhere Mitarbeiterfluktuation: Unzufriedene Agenten suchen nach anderen Möglichkeiten. Dies kann Deinen Gewinn erheblich schmälern, besonders wenn Top-Performer gehen. Laut Experten kostet jede Neueinstellung im Contact Center zwischen 10.000 und 20.000 Euro, ganz unabhängig von der Beschäftigungsdauer.
- Niedrigere Kundenzufriedenheit: Unzufriedene Agenten kreieren unzufriedene Kunden. Ohne Pausen haben Agenten keine Zeit, sich von schwierigen Situationen zu erholen. Ohne kontinuierliche Schulungen sind sie weniger gut auf Kundeninteraktionen vorbereitet, was wiederum negativ die Kundenzufriedenheit beeinflusst – ein Teufelskreis.
- Nicht erfülltes Servicelevel: Wenn Top-Performer gehen, bleiben Dir die weniger gut ausgebildeten Agenten, was beim Rest der Belegschaft wiederum das Burnout-Risiko erhöht und die Servicequalität insgesamt verschlechtert.
Bevor diese Probleme Deine harte Arbeit zunichtemachen, hier einige Tipps, um die Geschäftsinteressen im Gleichgewicht zu halten:
- Befrage Deine Agenten: Erkenne potenzielle Probleme im Dienstplan frühzeitig durch direktes Feedback von Mitarbeitern, z.B. in wöchentlichen oder monatlichen Umfragen. Anonyme Umfragen helfen Dir, ehrliches Feedback zu erhalten.
- Setze einen Schwellenwert für Deine Auslastung: Für eingehende Anrufe sollte die Auslastung 90% oder weniger betragen. Beobachte, ob dieser Wert überschritten wird, und passe die Planung entsprechend an. In diesem Artikel erfährst Du mehr zum Thema Auslastungsoptimierung.
- Berücksichtige Shrinkage: Berücksichtige Coachings und Trainings in Deiner Planung, statt sie zu streichen. Wenn Du Shrinkage genau berechnest, kannst Du damit effektiv planen. Falls Du eine Verschlechterung von Krankenquote und Abwesenheiten befürchtest, überprüfe die Werte nach jeder kurzfristigen Planänderung. Mehr Tipps zum Thema Shrinkage erhältst Du hier.
- Überwache die Kundenzufriedenheit: Selbst wenn Du das Servicelevel erreichst, solltest Du die CSAT-Werte im Auge behalten. Eine niedrige Kundenzufriedenheit ist oft eine Folge von unzufriedenen (und somit weniger leistungsfähigen) Agenten.
- Einige Dich mit Führungskräften auf realistische Budgets: Erstelle einen Vorschlag zur Erhöhung des Budgets, um Burnout bei Agenten zu vermeiden sowie Schulungen und Coachings einzukalkulieren.
Szenario 2: Mitarbeiter stehen an erster Stelle
Die eigenen Mitarbeiter wertzuschätzen, ist Grundvoraussetzung für jedes nachhaltig erfolgreiche Unternehmen. Zufriedene Agenten sorgen für bessere Kundeninteraktionen und eine höhere Kundenzufriedenheit. Daher ist es sinnvoll, stetig in die Weiterbildung und Entwicklung von Mitarbeitern zu investieren. Allerdings entstehen Dir als WFM-Planer schnell Nachteile, wenn Du versuchst, immer alle Wünsche der Agenten bei der Planung zu erfüllen.
Stellen wir uns folgendes Szenario vor: Mitarbeiter genießen in Deinem Contact Center viele Vorteile. Sie haben eine ausgewogene Work-Life-Balance, entweder durch feste Arbeitszeiten von 8 bis 17 Uhr oder durch flexible Schichten, die genau ihren Bedürfnissen entsprechen. Sie können sich auch beruflich stets weiterentwickeln. Dennoch kämpfst Du fortwährend damit, das angestrebte Servicelevel zu erreichen. Warum?
In diesem Fall stehen die Interessen Deiner Mitarbeiter (zu) konsequent an erster Stelle, was zu folgenden Problem führen kann:
- Pausen, Meetings und Schulungen werden geplant, ohne den schwankenden Personalbedarf zu berücksichtigen, was die Deckung verschlechtert.
- Dein Servicelevel bleibt dauerhaft hinter den Erwartungen zurück.
- Unzufriedene Kunden wandern ab, was zu Umsatzeinbußen führt.
Um diese Situation zu verbessern, musst Du das volle Ausmaß der Probleme verstehen. Hier sind einige Kennzahlen, die Du genauer unter die Lupe nehmen solltest:
- Durchschnittliche Antwortzeit (ASA): Eine zu hohe Antwortzeit führt dazu, dass das Servicelevel nicht erreicht wird. Häufig liegt der Grund darin, dass die Personalplanung nicht mit der tatsächlichen Nachfrage übereinstimmt. Wenn beispielsweise 20 Agenten im Einsatz sind, aber 30 benötigt werden, um die Anfragen zu bewältigen, steigt die ASA an. Auch ineffiziente Arbeitsabläufe oder Verhaltensweisen der Agenten können die ASA beeinflussen. Analysiere, wie die Antwortzeit Dein Servicelevel beeinträchtigt und ergreife Gegenmaßnahmen.
- Einhaltung der Schichtpläne (Adherence): Prüfe, ob die Schichtpläne von den Agenten eingehalten werden. Wenn das nicht der Fall ist, solltest Du herausfinden, ob dies beispielsweise auf längere Bearbeitungszeiten zurückzuführen ist. Eine mangelnde Planeinhaltung führt direkt zu einer höheren durchschnittlichen Antwortzeit. Statt in Echtzeit einzugreifen, solltest Du die Einhaltung der Pläne rückwirkend und für jeden Mitarbeiter überprüfen. Biete Deinen Agenten und Teamleitern Berichte zur Einhaltung der Schichtpläne an, damit sie gezielt Verbesserungen vornehmen können.
- Shrinkage: Pausen und unproduktive Tätigkeiten können die Serviceabdeckung negativ beeinflussen. Um deren Auswirkungen genau zu messen, solltest Du die entsprechenden Aktivitäten (z.B. Pausen, Meetings, Coaching) differenziert betrachten. Ziel ist es, realistische Shrinkage-Quoten zu erheben und in die Personalplanung zu integrieren. Überlege, wie Du den Zeitpunkt für diese Aktivitäten optimieren kannst. Eine Erhöhung der Personalstärke kann eine Lösung sein, aber der erste Schritt sollte eine Verbesserung der Planung sein.
Szenario 3: Der Kunde ist immer König
Kunden sind das Herzstück Deines Unternehmens. Sie sind der Grund, warum es das Unternehmen und Deinen Job überhaupt gibt. Kunden sind nicht nur Deine Einnahmequelle, sondern können auch als Erweiterung Deines Marketingteams fungieren. Wenn sie die Interaktionen mit Deinem Unternehmen wertschätzen, teilen sie dies oft proaktiv im Internet und mit ihren Kontakten – was wiederum zukünftige Einnahmen einbringen kann.
Viele betrachten das Sicherstellen der Kundenzufriedenheit als Ziel der Personaleinsatzplanung. Aber: Obwohl es wichtig ist, Deine Kunden bei allen Bemühungen im Fokus zu behalten, sollten bei diesen Indikatoren Deine Alarmglocken läuten:
Du hast immer mehr Agenten im Einsatz, als tatsächlich benötigt werden. In den meisten Schichten übersteigt die Anzahl der Agenten die Kundennachfrage. Mitarbeiter konkurrieren miteinander, um Kundenanrufe anzunehmen. Deine Kunden werden so schnell bedient, dass Du nicht einmal die durchschnittliche Antwortzeit (ASA) oder Dein Servicelevel überprüfen musst. Deine Kundenzufriedenheitswerte (CSAT) sind durch die Decke gegangen. Erfolg? Nicht ganz. Du hast überbesetzt und dabei möglicherweise die Effizienz Deines Unternehmens vernachlässigt.
Auch wenn Dein Contact Center das Servicelevel durchgehend erreicht, kann eine langfristige Überbesetzung folgende Konsequenzen haben:
- Umsatzwachstum stagniert oder wird rückläufig.
- Mitarbeiter langweilen sich und sind weniger motiviert und produktiv.
- Nach und nach werden Dein Servicelevel und die Qualität der Kundenbetreuung sinken.
Wenn Deine Margen gering sind, kann Überbesetzung schnell schwerwiegende Konsequenzen haben. Um langfristig Verlust zu vermeiden, kannst Du so schnell wieder auf Kurs kommen:
- Verbessere die Prognosen: Dieses Szenario ist ein klassischer Indikator dafür, dass Deine Prognosen nicht genau sind. Wenn Du ständig überbesetzt bist, überprüfe die Grundlagen Deines Forecasts, um die Ursache des Problems zu finden.
- Flexible Schichtplanung: Wenn all Deine Mitarbeiter feste Schichten haben, ist dies definitiv ein Problem. Flexible Schichtpläne sind der Schlüssel, um dem schwankenden Anrufvolumen in Deinem Servicecenter gerecht zu werden. Beginne damit, die Verträge Deiner Agenten zu überprüfen. Vielleicht kannst Du etablieren, dass Deine Mitarbeiter in Teilzeit oder mit flexiblen Arbeitszeiten arbeiten, oder anderswo typische Planungsfehler vermeiden.
- Messe die Effizienz Deiner Schichtpläne: Hast Du bereits analysiert, wie gut Deine Schichtpläne sind? Anstatt die Diagramme Deiner Angebots-Nachfrage-Kurven nur zu überfliegen, solltest Du die Planungseffizienz quantifizieren und Richtwerte festlegen. Eine korrekt berechnete Effizienzschwelle gibt an, wie viel Überbesetzung Du Dir leisten kannst, z.B. 10% Deines Bedarfs pro Intervall. Erfahre hier mehr darüber, wie Du die Effizienz Deiner Schichtpläne messen kannst.
Arbeit und Nachfrage im perfekten Gleichgewicht
Auch wenn Workforce Management oft auf die Aufgaben der Schichtplanung reduziert wird: Die Aufgabe im WFM und der Personaleinsatzplanung ist das Herstellen eines nachhaltigen Gleichgewichts zwischen den wichtigsten Interessensgruppen in Deinem Contact Center.
Harmonie zwischen Kunden, Agenten und den Unternehmenszielen zu finden, erfordert oft einen systematischen Ansatz und Fingerspitzengefühl. Du bist nicht allein verantwortlich für den Erfolg Deines Servicecenters, aber Du spielst eine entscheidende Rolle. Als WFM-Experte lieferst Du wertvolle Einblicke, die strategische Entscheidungen unterstützen. Außerdem spielst Du eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von Lösungen, um das Gleichgewicht in Deiner Organisation aufrechtzuerhalten.
Idealerweise nutzt Du dabei leistungsfähige Software für Personaleinsatzplanung und WFM. Diese Tools reduzieren nicht nur den Planungsaufwand, sondern tragen langfristig zum geschäftlichen Erfolg bei. In der heutigen Zeit erkennt nahezu jede Geschäftsführung den Wert spezialisierter WFM-Tools. Mit der richtigen Software im Rücken kannst Du Dich darauf konzentrieren, Deine Expertise mit einem tiefen Verständnis für Mitarbeiter, Kunden und Unternehmen zu verbinden. So schaffst Du nicht nur effiziente Pläne, sondern trägst aktiv zu einer produktiven und modernen Arbeitskultur bei.
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