Traditionell leiden Call Center unter hoher Fluktuation. Einer der Gründe ist der hohe Arbeitsdruck, der bei den Mitarbeitenden zu Stress führt und eventuell sogar im Burnout endet. Aktuelle Zahlen bestätigen dies: 76% aller Mitarbeitenden haben schon einmal Symptome eines Burnouts gehabt. 59% aller Call Center Mitarbeitenden sind Burnout gefährdet. Und 28% sind kurz vor einem akuten Burnout-Syndrom. Das sind alarmierende Zahlen, die wir zum Anlass nehmen, uns einmal genauer sowohl mit den Gründen von Burnout in Contact Centern als auch mit Gegenmaßnahmen zu beschäftigen.
Was ist ein Burnout-Syndrom?
In der aktuellen Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (International Classification of Diseases - ICD 11) führt die WHO Burnout als „Phänomen am Arbeitsplatz“ an, nicht jedoch als Krankheit. Im weiteren Verlauf heißt es:
„Burnout ist ein Syndrom, das auf chronischen Stress am Arbeitsplatz zurückzuführen ist, der nicht erfolgreich bewältigt wurde.“ - WHO
Betroffene beschreiben das Syndrom mit einem starken Erschöpfungsgefühl, was mit einem verringerten Leistungsvermögen einhergeht. Auch eine zunehmende Distanz und eine negative Haltung gegenüber des eigenen Jobs wird wahrgenommen.
Diese Anzeichen hat vermutlich jeder von uns schon einmal erfahren. Aber wenn diese Gefühle zum dauernden Begleiter im Job werden, sollten die Alarmglocken läuten. Um das Burnout-Syndrom besser zu verstehen, möchten wir etwas genauer auf die Anzeichen eingehen. So kannst Du bei Dir und Deinen Mitarbeitenden wachsamer sein und Anzeichen hoffentlich frühzeitig erkennen.
Anzeichen eines Burnouts
Folgende drei Merkmale gelten als charakteristisch:
- emotionale Erschöpfung
- erhöhte Reizbarkeit und zwischenmenschliche Distanzierung
- (selbst eingeschätzter) Verlust der eigenen Leistungsfähigkeit
Darüber hinaus gibt es weitere Anzeichen, wie etwa:
- Gefühl der Überforderung
- keine Freude an den Aktivitäten des Jobs
- anhaltende Müdigkeit
- Schlafstörungen
- Konzentrations- und Gedächtnisstörungen
- Entscheidungsunfähigkeit
- Neigung zum Weinen
Nicht nur geistig werden Anzeichen festgestellt, auch körperlich ist die berufliche Belastung bemerkbar:
- häufigere Erkältungen
- Muskelverspannungen
- Schlafstörungen
- Kopfschmerzen
- Rückenschmerzen
- Tinnitus
Im serviceorientierten Umfeld eines Contact Centers können Begleiterscheinungen wie Zynismus und Verbitterung dazu führen, dass sich eine Abwärtsspirale entwickelt. Wenn Empathie fehlt und sich stattdessen Gleichgültigkeit breit macht, dann geht die wichtigste Eigenschaft in der zwischenmenschlichen Kommunikation verloren. Die Erfahrung für den Kunden leidet und letztendlich wird das auch wieder auf den Mitarbeitenden zurückfallen und den Stress noch verstärken. Burnout ist für alle Beteiligten eine Lose-Lose-Situation.
Aber warum scheinen Call Center Mitarbeitende besonders anfällig für die Entwicklung des Burnout-Syndroms zu sein? Schauen wir uns dafür die typischen Auslöser in einem Contact Center an.
Was sind typische Auslöser des Burnout-Syndroms in Call Centern?
Bevor wir auf die typischen Call Center spezifischen Auslöser eingehen, müssen wir über die allgemeinen sprechen. Die Entwicklung eines Burnout-Syndroms ist kein Vorgang, der sich einzig und alleine auf die Arbeit beschränken lässt. Warum manche Mitarbeitende eher zu Burnout neigen und andere nicht, hat auch viel mit Einflüssen außerhalb des Arbeitsumfeldes zu tun.
Folgend möchten wir einige davon aufzählen, ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Persönliche Merkmale, die Burnout begünstigen
- Perfektionistische Tendenzen
- Das Bedürfnis, die Kontrolle zu haben
- Leistungsorientierter Charakter
- Pessimistische Sicht auf sich selbst und die Welt
Merkmale des Lebensstils, die Burnout begünstigen
- Kaum soziale Kontakte oder Entspannung
- Mangel an engen, unterstützenden Beziehungen
- Zu viele Verpflichtungen, ohne genügend Hilfe
- Nicht ausreichender Schlaf
Generelle arbeitsbedingte Ursachen für Burnout
- Wenig oder keine Kontrolle über die eigene Arbeit
- Mangel an Anerkennung
- Übermäßig hohe Erwartungen an die Arbeit
- Monotone oder wenig herausfordernde Tätigkeit
- Chaotisches Umfeld und/oder hoher Druck
Bereits in den generellen arbeitsbedingten Ursachen gibt es viele Gemeinsamkeiten mit dem Arbeitsumfeld eines Call Centers. Darüber hinaus gibt es aber noch weitere, für ein Contact Center typische Ursachen, die Burnout begünstigen.
Typische arbeitsbedingte Ursachen für Burnout im Call Center
Emotionen der Kunden
Die Gründe, warum Kunden den Kundenservice kontaktieren, sind leider häufig wenig erfreulich. Darum ist es nicht verwunderlich, dass dies mit eher negativen Emotionen wie Enttäuschung, Ärger, ja sogar Wut einhergeht. Nicht selten werden die Agenten am Telefon angeschrien und beleidigt. Diese Emotionen jeden Tag nicht nur zu verarbeiten, sondern auch effektiv zu managen, kann eine erhebliche Belastung sein.
Wenig Abwechslung
Sicherlich ist jeder Anruf irgendwo einzigartig. Doch der Prozess ist häufig sehr eng definiert. Eingabemasken und Gesprächsleitfäden lassen nur wenig Raum für Abweichungen. Dadurch kann sich die Arbeit mit den Kunden wie monotone Fließbandarbeit anfühlen.
Hohe Auslastung
Bedauerlicherweise werden Contact Center immer noch sehr häufig als Kostenfaktor und nicht als Umsatzgenerator verstanden. Deswegen ist hohe Effizienz in vielen Call Centern das A und O. Eine Möglichkeit dies zu erreichen, ist eine hohe Auslastung der Mitarbeitenden im Kundenkontakt zu gewährleisten. Das ist zwar gut für das Contact Center, aber weniger für die Mitarbeitenden. Denn diese haben zwischen den Anrufen kaum Zeit zu verschnaufen.
Unrealistische Leistungsziele
Call Center arbeiten immer im Spannungsfeld von Effizienz und Kundenzufriedenheit. Dieses Spannungsfeld wird an die Mitarbeitenden im Kundenkontakt weitergegeben. Von ihnen wird erwartet, dass Kundenangelegenheiten in möglichst kurzer Zeit und zur vollen Zufriedenheit des Kunden gelöst werden. Ambitionierte Vorgaben sowohl bei NPS als auch hinsichtlich der AHT setzen Mitarbeitende unter Druck.
Das Gefühl, der Gnade der Planer ausgeliefert zu sein
Dienstpläne werden im Contact Center für gewöhnlich nach Verfügbarkeit, Skills und Vertragsbedingungen erstellt. Es ist häufig ein Kunststück des Planers, alle Anforderungen unter einen Hut zu bekommen. Leider haben die Mitarbeitenden im Kundenkontakt gerade bei der Schichtplanung oftmals immer noch zu wenig Mitspracherecht. Das führt zu einem Gefühl des Ausgeliefertseins.
Das Gefühl, ungerecht behandelt zu werden
Ungerechtigkeiten im Arbeitsalltag sind ein weiteres häufiges Problem in Call Centern. Wenn Mitarbeitende immer wieder eine der unbeliebtesten Schichten im gesamten Contact Center erhalten, Überstunden von Einzelpersonen verlangt oder Bonuszahlungen inkonsistent verteilt werden, entsteht schnell ein Gefühl der Unfairness.
Wenig Selbstbestimmung
Aber auch über den Dienstplan hinaus, bietet die Arbeit in Call Centern wenig Raum für Selbstbestimmung. Man hat kaum Einfluss darauf, wann man in den Kundenkontakt geht. Der Verlauf des Kontakts wird vielleicht sogar noch durch einen Leitfaden bestimmt. Dieses Gefühl, nur Vorherbestimmtes auszuführen, kann dazu führen, dass jegliche Identifikation mit der Arbeit verloren geht.
Wie sich Burnout in Deinem Call Center auf das Geschäftsergebnis auswirkt
Call Center müssen meistens mit engen Margen kalkulieren. Diesen Kostendruck erfahren auch die Mitarbeitenden, durch strengere Vorgaben und mehr Arbeit. Allerdings sollten Call Center dabei nicht außer Acht lassen, dass Burnout und die damit einhergehende Fluktuation hohe Kosten mit sich bringt.
Direkte und indirekte Auswirkungen auf den Betrieb eines Contact Centers von Burnout bei den Mitarbeitenden sind:
- Höhere Nachbearbeitungszeit (ACW)
Wenn die Mitarbeitenden keine Zeit zum Durchatmen bekommen, werden sie sich diese nehmen, zum Beispiel in dem sie die Nachbearbeitungszeit verlängern. Das hat aber zur Folge, dass die prognostizierte AHT nicht mehr stimmt. Eventuell kann das den Forecast obsolet machen. Aber anstatt noch mehr Druck aufzubauen, empfehlen wir lieber zu analysieren und zu fragen, warum die ACW (After-Call Work Time) steigt. - Niedrige Produktivität
Mitarbeitende werden Möglichkeiten finden, die dringend benötigten Pausen zu erhalten, beispielsweise durch eine verspätete Rückkehr aus der Mittagspause. Diese ungeplante unproduktive Zeit erhöht die Shrinkage. - Niedrige Kundenzufriedenheit
Sind Deine Mitarbeitenden über Gebühren gestresst, werden dies auch die Kunden merken. Fehlende Empathie und Zynismus sind schlechte Begleiter in der Kundenkommunikation. Wenn die Kundenzufriedenheit sinkt, führt das indirekt auch zu Umsatzeinbußen. - Schlechter Ruf
Wenn Mitarbeitende wegen übermäßig stressiger Arbeitsbedingungen kündigen, werden sie ihre Unzufriedenheit vermutlich auch auf einschlägigen Plattformen für Arbeitgeberbewertungen wie Kununu kundtun. So verringert ein schlechter Ruf die Erfolgsaussichten bei der Mitarbeiterbeschaffung. - Häufung von Fehlern
Gestresste Mitarbeitende machen unweigerlich Fehler. Das kann dazu führen, dass weniger Kundenanliegen bereits beim ersten Kontakt gelöst werden. Die Kunden müssen wieder anrufen, warten erneut in der Warteschlange und sind noch schlechter gelaunt als beim ersten Anruf. Das bedeutet mehr Stress beim Mitarbeitenden und mehr Fehler. Ein echter Teufelskreis. - Kosten der Mitarbeiterfluktuation
Wenn Mitarbeitende einen Burnout erleiden, sind sie nicht mehr arbeitsfähig. Langwierige Krankschreibungen oder Kündigungen sind die Folge. Für das Call Center bedeutet das hohe Kosten für die Wiederbeschaffung, Onboarding und Training.
So verhinderst Du Burnout in Deinem Call Center
Burnout ist keine Modeerscheinung, sondern ein akutes Problem für viele Unternehmen, insbesondere Call Center. Es lohnt sich auch finanziell für Contact Center dieses Problem zu adressieren. Doch wie genau sollst Du das anstellen?
1. Erkenne Burnout
Sei aufmerksam. Bei manchen Mitarbeitenden mag der Stress offensichtlich sein, andere sind besser darin ihre innere Gefühlswelt zu verbergen. Deswegen sind empathische Gespräche besonders wichtig. Versuche, Anzeichen und Symptome frühzeitig zu erkennen. Auch Daten helfen. Ist die AHT bei gewissen Mitarbeitenden besonders hoch, während die FCR (First Call Resolution) besonders niedrig ist? Wie ist die Auslastung der Mitarbeitenden? Ist die Shrinkage höher als sonst? Dies alles sind Hinweise auf ein erhöhtes Stresslevel.
2. Vermeide Mikromanagement
Wenn die Dinge nicht nach Plan laufen, kann die Versuchung groß sein, alles enger zu kontrollieren. Doch anstatt in Mikromanagement zu verfallen, was bei Mitarbeitenden oft negative Einstellungen gegenüber der Arbeit verstärkt, ist es effektiver, ihnen Freiraum und psychologische Sicherheit zu bieten. Verbunden mit einer engen Feedbackschleife stärkt dies nicht nur das Selbstvertrauen, sondern trägt auch dazu bei, die Arbeitszufriedenheit zu erhöhen.
3. Unfaire Behandlung ansprechen
Wenn Du erkennst, dass Mitarbeitende unfair behandelt werden, sprich es an. Das mag unangenehme Diskussionen mit anderen Stellen nach sich ziehen. Aber wenn Du die Augen verschließt, wird das Problem nur größer.
4. Realistische Ziele setzen
Sind die Ziele in Deinem Contact Center wirklich realistisch oder entsprechen sie eher einem pauschalen Branchenstandard? Wenn Dein Call Center nur funktioniert, wenn sich die Mitarbeitenden auf Dauer zerreißen, dann muss grundlegend etwas geändert werden. Erreichbare Ziele hingegen fördern Mitarbeitermotivation und -produktivität.
5. Rollen klären und Kommunikation verbessern
Häufig können bereits kleine Änderungen die Gesamtsituation verbessern. Allein schon klare Rollenbeschreibungen helfen Deinen Mitarbeitenden, die Grenzen der eigenen Arbeit zu verstehen und diese auch durchzusetzen. Klare und unmissverständliche Kommunikation hilft ihnen darüber hinaus, ihre Aufgaben und Rollen besser zu verstehen.
6. In professionelle Software investieren
Beim Workforce Management (WFM) geht es darum, das optimale Gleichgewicht zwischen Kundenservice, Unternehmenseffizienz und Mitarbeiterzufriedenheit zu finden. Prognostizierst Du bereits akkurat die Hochs und Tiefs im Kontaktvolumen? Berechnest Du, wie viele Mitarbeitende Du bei einer realistischen Auslastung benötigst? Planst Du Dein Personal effizient um diese Hochzeiten und Flauten herum? Beherrschst Du das Echtzeitmanagement, sodass Deine Mitarbeitenden nicht gestresst werden, wenn es mal nicht nach Plan läuft? Beziehst Du Deine Mitarbeitende in die Verwaltung ihrer Dienstpläne ein, sodass sie eine bessere Work-Life-Balance erreichen, ohne dass die Effizienz des Unternehmens oder die Kundenerfahrung darunter leiden? Wenn die Antwort auf eine dieser Fragen „Nein" lautet, sitzt Du auf einer Burnout-Zeitbombe. Außerdem setzt Du Dein Unternehmen einem Wettbewerbsnachteil aus, wenn es um Effizienz, Kundenzufriedenheit, Personalbeschaffung und Mitarbeiterbindung geht.
Wir haben in diesem Blogbeitrag zusammengefasst, wie unser professionelles WFM-Tool injixo Dir hilft, Burnout zu bekämpfen.
Fazit
Burnout im Call Center ist leider keine Seltenheit. Das Arbeitsumfeld im Contact Center trägt bedauerlicherweise dazu bei, dass Mitarbeitende Stress empfinden. Das gehört zum Beruf dazu. Aber Verantwortliche sollten sich bewusst machen, dass sie selbst Einfluss darauf haben, diesen Stress zu erhöhen oder zu verringern. Das Wohlbefinden der Mitarbeitenden steht nicht im Widerspruch zur Unternehmensleistung. Geht es den Mitarbeitenden schlecht, wird sich dies auch negativ auf das Endergebnis des Unternehmens auswirken.
Burnout-Symptome erkennen, empathisch für die Belange der Mitarbeitenden sein, professionelle WFM-Software einsetzen und frühzeitig reagieren sind Schlüssel dafür, Burnout im Call Center zu verhindern.
Burnout ist schlecht für Mitarbeitende, für Kunden, das WFM-Team und auch für das Geschäftsergebnis. In einigen Unternehmen scheint die Meinung vorzuherrschen, dass man nichts gegen Burnout tun kann und man im Grunde als Unternehmen damit leben muss. In diesem E-Book zeigen wir jedoch, dass es auch anders geht.
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