Contact-Center-Management

Evolution im Contact Center - wie Mensch und KI zusammenarbeiten

Chris Dealy 8 min Lesezeit PDF-Download
Evolution im Contact Center - wie Mensch und KI zusammenarbeiten

Contact Center stehen vor großen Herausforderungen. Mit steigenden Kundenerwartungen auf der einen Seite und dem Druck durch Fachkräftemangel und höheren Kosten auf der anderen, fragen sich viele Contact-Center-Verantwortliche, wie sich Effizienz und Kundenservice gleichermaßen verbessern lassen.

Die Antwort liegt in der Künstlichen Intelligenz (KI). Die Zusammenarbeit von KI und Mensch bietet Contact Centern enormes Potenzial. Der Schlüssel zum Erfolg liegt aber nicht darin, das eine gegen das andere auszuspielen. Es geht vielmehr darum, wie Mensch und KI gemeinsam den Kundenservice neu definieren können, sodass Kunden nicht nur zufrieden sind, sondern begeistert.

Doch wie sieht das in der Praxis aus? Wie können Contact Center diese Transformation erfolgreich vollziehen, ohne die menschliche Komponente zu verlieren?

Menschlichkeit im digitalen Zeitalter: Warum der persönliche Kontakt weiterhin unerlässlich ist

In einer Zeit, in der Technologie und Digitalisierung unsere Interaktionen und Arbeitsweisen revolutionieren, stellt sich eine entscheidende Frage: Welchen Stellenwert hat der menschliche Kontakt im Kundenservice? Unsere Antwort: Trotz aller technologischen Fortschritte bleibt der Mensch im Kundenservice unersetzlich.

Eine Studie von Deloitte liefert hierzu eine beeindruckende Zahl: 89% der Kunden bevorzugen einen schnellen, persönlichen Service und Kontakt.

Das bedeutet nicht, dass sie gegenüber technologischen Lösungen abgeneigt sind. Im Gegenteil, viele Kunden schätzen die Effizienz und Schnelligkeit, die moderne Technologien ihnen bieten.

Aber bei komplexen Anfragen, bei denen Empathie oder die Kompetenz eines Menschen erforderlich sind, greifen die meisten von uns doch lieber zum Telefon.

Menschmomente schaffen

Sabine Hübner, eine renommierte Serviceexpertin und Autorin, brachte es treffend auf den Punkt:

"Je digitaler unsere Welt wird, desto entscheidender werden Menschmomente im Service."

 

Aber was genau sind diese "Menschmomente"?

Es sind die Momente, in denen sich Kunden besonders geschätzt und verstanden fühlen. Zum Beispiel, weil der Mitarbeitende im Kundenservice eine kreative Lösung für das Problem gefunden hat, oder einfach mal konventionelle Pfade verließ, um zu helfen. Diese Momente bleiben nicht nur im Gedächtnis, sie prägen auch das Bild einer Marke und stärken die Kundenbindung.

Diese “Menschmomente” haben nicht nur einen direkten Einfluss auf die Kundenzufriedenheit, sondern stärken auch die Markenbindung. Ein bemerkenswerter, persönlich geprägter Kundenservice kann die Entscheidung eines Kunden für ein Produkt oder eine Dienstleistung bekräftigen und ihn dazu inspirieren, seine positiven Erfahrungen mit anderen zu teilen.

Ein schönes Beispiel haben wir auf LinkedIn gefunden. Der Kunde war so begeistert von einem Kundenservice-Erlebnis, dass er es mit anderen geteilt hat. Eine unbezahlbare Werbung für das Unternehmen, das er in seinem Beitrag lobt.

menschmomente-beispiel

Mitarbeitende im Kundenservice: Mehr als nur eine Kostenstelle

Trotz der technologischen Fortschritte und des wachsenden Einsatzes von KI in vielen Branchen sind Mitarbeitende im Kundenservice weiterhin ein zentraler Bestandteil des Unternehmenserfolgs. Sie sollten auf keinen Fall als reine Kostenstelle betrachtet werden. Vielmehr sind Mitarbeitende ein wertvolles Investment in die Zukunft und die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens.

Deshalb unser Appell an alle: Lebt Mitarbeiterzentrierung! Gebt Mitarbeitenden Freiräume, damit sie ihre Kreativität und Verantwortung voll entfalten können. Engt sie nicht ein mit strengen, einheitlichen Vorgehensweisen. Ermutigt und fördert Mitarbeitende vielmehr, diese Freiräume auch zu nutzen.

In den letzten Jahren hat auch das Workforce Management eine bedeutende Veränderung erfahren. Früher war der Fokus klar auf Effizienz ausgerichtet, und die Bedürfnisse der Mitarbeitenden wurden oft übersehen. Aber aktuelle Marktentwicklungen und demografische Veränderungen führen zu einem Umdenken. Der Fokus vieler Unternehmen ändert sich. Sie legen mehr Wert darauf, die Bedürfnisse der Mitarbeitenden in den Vordergrund zu stellen. Nur wenn Mitarbeitende sich wertgeschätzt fühlen und in einer unterstützenden Umgebung arbeiten, werden sie Kundenorientierung auch wirklich leben und erfolgreich gestalten.

Konzepte wie Work-Life-Balance, Work-Life-Blending und flexiblere Arbeitsmodelle spielen eine zentrale Rolle. Sie erfordern vom Workforce Management neue Ansätze und Lösungen, um die Arbeitszeit der Mitarbeitenden effektiv UND mitarbeiterfreundlich zu planen.

Selbstverplanungsansätze und eine erhöhte Autonomie für die Mitarbeitenden, z.B. bei Schichttauschen, Beantragen von Abwesenheiten in Mitarbeiter-Portalen sind dabei wichtige Themen.

Wo menschlicher Kundenservice an seine Grenzen stößt

Wir sind uns vermutlich alle einig: Je nach Komplexität des Anliegens kann der persönliche Kontakt den Unterschied zwischen “es war ganz ok” Kundenservice und einem außergewöhnlichen Kundenservice ausmachen. Doch auch der beste Kundenservice hat seine Grenzen. Die Gründe dafür sind vielfältig.

Fachkräftemangel und begrenzte Verfügbarkeiten

Der demografische Wandel und Fachkräftemangel, zusammen mit der Tatsache, dass Menschen nicht 24/7 arbeiten können - und auch nicht sollen -  schränkt die Verfügbarkeiten von Mitarbeitenden stark ein.

Skalierbarkeit

Mitarbeitende können nur eine bestimmte Anzahl von Aufgaben gleichzeitig erledigen. Kommen externe Ereignisse, wie Unwetter, oder größere Schadensereignisse hinzu, können Contact Center schnell überlasten. Sie können oft nicht schnell genug skalieren, um auf einen plötzlichen Ansturm von Anfragen zu reagieren.

Reaktionszeiten

Menschen brauchen typischerweise länger, um Informationen zusammenzutragen und zu reagieren, besonders im Vergleich zu automatisierten Systemen oder KI.

Kosten

Einstellung, Ausbildung und Qualifizierung von Mitarbeitenden erfordern hohe Investitionen. Zudem variieren die Kosten je nach Support-Kanal erheblich, wobei Telefonsupport tendenziell teurer ist als Chat-Support.

Diese genannten Herausforderungen sind nur einige Beispiele; die Liste ließe sich noch erweitern. Aber genau hier kann KI anknüpfen, um Mitarbeitende im Kundenservice effektiv zu unterstützen.

Kundenservice-Unterstützung durch KI-Agenten

Immer mehr Contact Center setzen auf flexible, intelligente KI-Agenten, die vielfältige Aufgaben übernehmen.

Diese KI-Agenten, die oft in der Lage sind, in mehreren Sprachen mündlich und schriftlich zu kommunizieren, agieren ähnlich wie menschliche Mitarbeitende.

Sie lernen aus jeder Interaktion, werden klüger und können so mit der Zeit immer mehr Aufgaben übernehmen.

Dabei ist wichtig, dass KI-Agenten kein Ersatz für bestehende Teams sind, sondern Hand in Hand mit den Menschen im Contact Center arbeiten.

Was können KI-Agenten leisten?

KI-Agenten bieten eine vielfältige Palette an Fähigkeiten und Funktionen. Zum Beispiel:

  • Identifikation und Qualifikation von eingehenden Anrufen
  • Zusammenfassung und Übergabe von Anrufen an einen Mitarbeitenden
  • Aktive Unterstützung von Mitarbeitenden während Telefonaten
  • Automatische Erstellung von Transkripten
  • Sentimentanalysen
  • Automatische Abfragen von Wissensdatenbanken
  • Outbound-Kommunikation mit Kunden in verschiedenen Kanälen
  • Zahlungsabwicklungen
  • Mehrsprachiger Support in Echtzeit

Die Anwendung von KI-Agenten beschränkt sich nicht nur auf isolierte Aufgaben. Sie sind Teil eines KI-gestützten Teams, in dem jeder Agent spezielle Aufgaben hat – von Produktsupport über Rechnungswesen bis hin zu Bestellungs- und Lieferanfragen.Durch sogenanntes "Skillbasiertes Routing" können sie Kunden basierend auf verschiedenen Parametern, wie Know-how oder Sprache, zum passenden Mitarbeitenden leiten.

KI-Trends in Contact Centern

Die Rolle von KI hat sich in den letzten Monaten erheblich weiterentwickelt und ist zu einem zentralen Thema in der Branche geworden. Insbesondere die Einführung von Technologien wie ChatGPT hat dazu geführt, dass KI bewusster wahrgenommen und akzeptiert wird. Vor allem Entscheidungsträger erkennen nun das Potenzial von KI-Technologien und den Mehrwert, den sie bieten können.

Trend #1: Agent Assist

Die KI kommuniziert nicht direkt mit dem Endkunden, sondern unterstützt vielmehr den menschlichen Agenten in seiner Interaktion mit den Kunden.

Diese Form der KI-Anwendung minimiert die Risiken im Zusammenhang mit unvorhersehbaren Antworten von KI-Systemen und stellt sicher, dass der Agent immer die Kontrolle über die Interaktion behält.

Trend #2: Knowledge AI

Dabei wird KI dazu verwendet, Antworten aus unstrukturierten Datenquellen zu generieren.

Unternehmen können umfangreiche Datenbestände, wie FAQs, Handbücher und Website-Inhalte, in die KI laden. Die KI kann dann komplexe, frei formulierte Fragen z.B. zu Produkten, Öffnungszeiten oder Dienstleistungen basierend auf diesen Daten beantworten.

Herausforderungen bei der Einführung von KI in Contact Centern

Die Informationsflut über KI-Potenziale kann überwältigend sein. Deshalb ist es wichtig, sich auf die richtigen ersten Schritte zu konzentrieren.

Nicht alles auf einmal implementieren

Ein häufiger Fehler ist der Versuch, alles sofort zu implementieren und den idealen Endzustand zu erreichen. Die Empfehlung lautet, mit umsetzbaren Use Cases zu beginnen, die kurzfristigen Mehrwert bieten.

Beispielsweise sind Identifikations- und Verifizierungsprozesse mittels KI vielleicht nicht hochinnovativ, aber tatsächlich kosteneffizient, und sie können einen schnellen Return on Investment (ROI) bieten. Dieser ROI kann dann genutzt werden, um komplexere Projekte zu finanzieren und weiter in die Digitalisierung und Self-Services zu investieren.

Interne Abstimmungen sind notwendig

Neben der Identifizierung der richtigen Use Cases ist es auch eine Herausforderung, die interne Zustimmung und Beteiligung aller Stakeholder für solche Projekte zu erhalten.

Die Einführung von Chat- und Voice-Bots betrifft nicht nur die direkte Interaktion mit den Kunden, sondern oft auch die Integration mit Drittsystemen und die Einrichtung von Schnittstellen.

Darüber hinaus hat die Implementierung eines Bots Auswirkungen auf die Markenidentität. Der Bot soll schließlich zum Unternehmensimage passen. Daher ist es entscheidend, alle relevanten Stakeholder an einen Tisch zu bringen, gemeinsam Projektgrenzen festzulegen und sicherzustellen, dass die Implementierung den Wünschen und Bedürfnissen des gesamten Unternehmens entspricht.

Welchen Einfluss hat KI auf Mitarbeitende im Contact Center?

Im Zuge der KI-Integration in Contact Centern wird sich die Rolle der Mitarbeitenden signifikant verändern. Während KI viele standardisierte und repetitive Aufgaben übernimmt, verlagert sich der Fokus der Mitarbeitenden auf die Bearbeitung von komplexeren Vorgängen. Das kann eine Chance für die Mitarbeitenden sein, sich fachlich und persönlich weiterzuentwickeln.

Unternehmen werden zunehmend Trainings- und Qualifizierungsmaßnahmen anbieten müssen, um ihre Mitarbeitenden auf diese Veränderungen vorzubereiten. Ein proaktives Mindset der Mitarbeitenden ist entscheidend. Diejenigen, die bereit sind, sich diesen Herausforderungen zu stellen und sich weiterzubilden, werden von den Veränderungen profitieren.

Die allgemeine Wahrnehmung von Berufen im Contact Center, die oft nicht besonders hoch im Beliebtheitsranking stehen, könnte durch diese Aufwertung verbessert werden. 
Die Integration von KI und die daraus resultierende Aufwertung der Tätigkeiten könnten zu einer erhöhten Attraktivität dieses Berufsfeldes beitragen.

Insgesamt wird erwartet, dass die Einführung von KI eine dynamische und vielschichtige Veränderung im Berufsbild und den Aufgaben der Mitarbeitenden mit sich bringen wird. Eine spannende Entwicklung für die Zukunft.

Fazit

Contact Center stehen vor der Herausforderung, steigende Kundenerwartungen und Fachkräftemangel zu managen. Die Integration von Künstlicher Intelligenz bietet das Potenzial, diesen Herausforderungen zu begegnen. Der Mensch im Kundenservice und der persönliche Kontakt sind nach wie vor unerlässlich, insbesondere bei komplexen Anfragen.

KI-Agenten können aber zahlreiche Aufgaben übernehmen und Mitarbeitende unterstützen, während sich diese auf komplexere Vorgänge konzentrieren.

Die Implementierung von KI erfordert jedoch sorgfältige Planung und Integration sowie fortlaufende Schulungen für Mitarbeitende, um ihnen zu helfen, sich an die neuen Technologien anzupassen und von diesen zu profitieren.

Insgesamt wird KI die Arbeitsweise in Contact Centern dynamisch verändern, wodurch die Rolle der Mitarbeitenden aufgewertet und die Attraktivität dieser Berufsfelder erhöht werden könnte.

Dieser Blogbeitrag basiert auf dem gleichnamigen Webinar mit Andreas Bopp von InVision und Sebastian Glock von Cognigy.

Aufgezeichnetes Webinar über Evolution im Contact Center ansehen

>> Schau Dir das Webinar on-demand an.

Andreas, Sales Director bei InVision, hat sich vor 25 Jahren mit dem “Virus Kundenservice” infiziert. Auch in Zeiten fortschreitender Digitalisierung ist und bleibt für ihn der Mensch unverzichtbar für wirklich gute Service-Erlebnisse - empathisch, wertschätzend, Verantwortung übernehmend.

Im Webinar geht Andreas darauf ein, warum trotz künstlicher Intelligenz der Mensch weiterhin im Kundenservice unverzichtbar bleiben wird.

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Sebastian ist Technology Evangelist bei Cognigy und seit 15 Jahren in der IT-Industrie tätig. Als Leiter des Produktmarketings arbeitet er an der Schnittstelle von KI-Entwicklung, Software-Development und Praxis-Lösungen für besseren Kundenservice.

Sebastian erläutert im Webinar verschiedene Einsatzmöglichkeiten von KI-Agenten und gibt hilfreiche Tipps zur Implementierung von KI im Contact Center.

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