Personaleinsatzplanung

Die Kunst der Schichtplanung im Contact Center - ein Balanceakt

Charles Watson 6 min Lesezeit PDF-Download
Die Kunst der Schichtplanung im Contact Center - ein Balanceakt

Die Balance zwischen operativer Effizienz und hervorragenden Kundenerlebnissen zu meistern, ohne das Wohl der Mitarbeitenden aus den Augen zu verlieren, ist überaus komplex. Und lohnend. In diesem Umfeld Schichtpläne zu erstellen, kommt einer Rafting-Tour gleich. Du musst möglichst effizient das Arbeitsaufkommen mit dem Personal in Einklang bringen, dabei die Vorzüge Deiner vielseitig einsetzbaren Belegschaft nutzen, Urlaube mit einplanen und Offline-Zeit organisieren. Puh, ganz schön herausfordernd. Doch keine Bange, wir haben für Dich ein paar Tipps.

In einem unserer letzten Blogbeiträge haben wir den Unterschied zwischen Intraday-Management und Real-Time-Management betrachtet. Diesmal treten wir einen Schritt zurück und überlegen, wie wir dafür Sorge tragen, dass jeder einzelne Tag erfolgreich wird. Das schaffst Du, indem Du effiziente Schichtpläne für jede Woche und jeden Monat erstellst und anschließend die Offline-Aktivitäten damit abgleichst. Im weiteren Verlauf des Artikels gehen wir auf einige Schichtplanungsmethoden ein und geben ein paar Praxisbeispiele.

Urlaubszeiten einplanen

Es ist vollkommen klar, dass Urlaub ein wichtiger Bestandteil der Arbeit ist. Im Contact Center musst Du jedoch darauf achten, dass die Urlaubszeiten Deines Teams einer konsistenten Kundenerfahrung nicht im Weg stehen. Das heißt, Du musst die Urlaubsansprüche Deiner Teammitglieder bereits bei der Planung berücksichtigen. Der Shrinkage-Anteil kann je nach Mitarbeitenden variieren, da manche möglicherweise mehr oder weniger Urlaub haben als andere. Nutze zu Beginn den durchschnittlichen Shrinkage-Prozentsatz des Call Centers. So hast Du schon einmal das Mindestmaß berücksichtigt.

Um die Urlaubszeiten effektiv einplanen zu können, brauchst Du ein tiefes Verständnis für die wöchentlichen Kontaktmuster. Der einfachste Ansatz ist, Deine wöchentlichen Forecasts in hohes, mittleres und niedriges Kontaktvolumen einzuteilen. Dieser Ansatz hat den Vorteil, dass er auch für andere leicht nachzuvollziehen ist. Ein komplizierter Ansatz würde nur unnötige Arbeit verursachen, wenn man bedenkt, dass selbst der beste Forecast von der Realität abweichen kann. Mit dieser simplen Herangehensweise erhältst Du nun eine Übersicht über mögliche Urlaubszeiträume, die auch Deine Mitarbeitenden leicht verstehen können.

Ein Beispiel: Für die Wochen mit hohem Kontaktvolumen könntest Du 4 abwesende Teammitglieder planen, für die mit mittlerem Aufkommen 6 und für Wochen mit niedrigem Kontaktvolumen sogar 8. Auch wenn Du dies manuell mit Excel machen könntest, empfehlen wir Dir, eine Workforce Management Software zu nutzen, da sie den Prozess deutlich vereinfacht.

Mit einem transparenten System, in dem die Teammitglieder für Zeiträume bieten können, stellst Du sicher, dass die freien Tage der Mitarbeitenden gerecht verteilt werden. Das System kann dabei auch Leistungen, Unternehmenszugehörigkeit und andere Parameter berücksichtigen. Damit Du langfristig planen kannst, solltest Du die “Urlaubsauktion” am Ende des Jahres für das kommende Jahr durchführen lassen. Aus unserer Erfahrung ist es ein guter Ansatz, die Hälfte aller möglichen Urlaubszeiträume in der Auktion zu vergeben. Ist die Auktion abgeschlossen, nutzt Du den regulären Prozess, um Anfragen für die restlichen Urlaubszeiten entgegenzunehmen. Dieser Prozess hat zwei Vorteile. Erstens wissen so Deine Mitarbeitenden, wann sie nächstes Jahr frei haben werden. Zweitens verstehst Du besser, wann die Nachfrage für Urlaub besonders hoch ist. Letzteres ist besonders wichtig, wenn die stark nachgefragte Urlaubszeit kurz bevorsteht. Dann kannst Du nach anderen Möglichkeiten suchen, um die Abwesenheit durch Urlaube zu kompensieren.

Beispiel einer Urlaubsplanung

Nehmen wir an, ein Contact Center hat besonders in den Sommermonaten hohe Kontaktvolumen. Basierend auf der Analyse werden die Sommermonate also als Wochen mit hohem Kontaktvolumen kategorisiert, Frühling und Herbst mit mittlerem und die Wintermonate mit geringem Kontaktaufkommen.

In diesem Fall gibt es im Sommer nur wenige Möglichkeiten, Freizeitausgleich zu erhalten. Der Großteil der möglichen Urlaubszeiträume wäre im Winter verfügbar. Gleichzeitig würden die Präferenzen der Teammitglieder durch einen rotierenden Ansatz oder eben eine Auktion berücksichtigt. Dieses System könnte auch auf kleinere, saisonale Einteilungen angewendet werden, vorausgesetzt es sind genügend Daten für die Analyse vorhanden.

Multi-Skill-Planung

In modernen Contact Centern können Deine Mitarbeitenden mehrere Kanäle (Multi-Channel) und mehrere Produkte (Multi-Skill) bedienen. Diese Fähigkeiten Deines Teams auch entsprechend einzusetzen, ist erfolgskritisch. Je mehr Fähigkeiten Du nutzen kannst, desto größer ist das Optimierungspotenzial. Mitarbeitende nur einen Skill oder einen Kanal zuzuweisen, beschränkt die Effizienz Deiner Planung. Wir möchten aber auch nicht verschweigen, dass es spezielle Arten von Tätigkeiten oder spezielle Kundenanforderungen gibt, wo genau das nötig ist.

Das Geheimnis der Effizienz von Multi-Skill-Teams liegt in dem sogenannten Pooling Prinzip. Dieses besagt, dass größere Bündelungen von Fähigkeiten eine höhere Auslastung des Mitarbeitenden nach sich zieht. Mit diesem Wissen kannst Du Dein Team an vielseitig qualifizierten Mitarbeitenden als eine Ressource betrachten, die je nach Bedarf dynamisch auf verschiedene Fähigkeiten verteilt werden kann. Die verschiedenen Schulungen, die jeder Mitarbeitende absolviert hat, bietet einen guten Ausgangspunkt, um nach möglichen Mehrfach-Qualifikationen zu suchen. Vielleicht entdeckst Du so auch weiteres Potenzial, das Du mithilfe von Cross-Training ausschöpfen könntest.

Die Allokation nach entsprechenden Fähigkeiten kann sowohl im Vorfeld als auch in Echtzeit geschehen. Nach der Erstellung Deines Forecasts weißt Du, wo Du Deine Mitarbeitenden gemäß ihrer Fähigkeiten einsetzen musst. Sollte am entsprechenden Tag die Nachfrage nach speziellen Fähigkeiten in die Höhe schießen, kannst Du dynamisch darauf reagieren und weitere Mitarbeitende allokieren. Abhängig von Deiner Routing-Technologie könntest Du skillbasiertes Routing einsetzen. Wie genau das funktioniert und vor allem, wie Du diese Technologie nutzt, um optimierte Pläne für ein Multi-Skill-Team zu erstellen, erfährst Du in diesem Blog Post über skillbasiertes Routing (SBR).

Die Verfügbarkeit der richtigen Anzahl an Mitarbeitenden mit den richtigen Fähigkeiten ist auch etwas, was Du bei der Urlaubsplanung berücksichtigen musst. Auch hier sei nochmals angemerkt, dass eine Software-Lösung Dir diese doch recht komplexe Aufgabe deutlich erleichtern kann.

Beispiel für Multi-Skill-Planung

Nehmen wir als Beispiel ein Contact Center, in dem die Mitarbeitenden dazu qualifiziert sind, Anfragen bezüglich des Vertriebs (Skill A), bezüglich des technischen Supports (Skill B) und bezüglich Rechnungen (Skill C) entgegenzunehmen. In der Spitzenzeit schnellt die Nachfrage nach dem technischen Support in die Höhe.

In diesem Fall werden Mitarbeitende mit Skill A und C dynamisch umverteilt, um die höhere Last im technischen Support aufzufangen. Wenn im weiteren Verlauf des Tages die Nachfrage im Vertrieb steigt, kannst Du Deine Mitarbeitenden wieder umverteilen. So gewährleistest Du zu jeder Zeit eine effiziente Auslastung.

Meetings planen

Zum Schluss lass uns noch darüber sprechen, wie Du Meetings für Dein Team einplanen kannst. Meetings sind ein wichtiger Bestandteil des betrieblichen Ablaufs in einem Contact Center. Auf der anderen Seite können sie aber das Service Level beeinflussen, wenn sie nicht sorgfältig geplant wurden.

Effizient geplante Meetings sind in den Gesamtplan perfekt eingewoben. Voraussetzung dafür ist wieder ein Verständnis für die übliche Verteilung des Kontakvolumens. So bist Du in der Lage, Meetings in den Phasen zu planen, in denen das Kontaktaufkommen eher gering ist. Das minimiert die Auswirkungen auf das Service Level. Soweit so logisch. Aber bedenke, dass nicht alle Meeting-Teilnehmer den gleichen Schichtplan haben. Bei Team-Meetings ist dazu noch der Team-Leader notwendig, also ein weiterer Kalender, mit dem Du das Meeting abstimmen musst. Die ideale Zeit für ein Meeting wäre also die Zeit, in denen sich alle Kalender überlappen UND geringes Kontaktvolumen herrscht.

Beachte bei Teambesprechungen, dass weiterhin genügend Mitarbeitende mit den benötigten Qualifikationen für Kontaktanfragen zur Verfügung stehen. Eine professionelle WFM-Lösung hilft Dir, indem sie Einzelgespräche, Teambesprechungen und andere Offline-Aktivitäten automatisch und optimiert plant.

Beispiel für Teammeeting-Planung

Nehmen wir an, in Deinem Contact Center werden Teammeetings typischerweise einmal die Woche abgehalten und Einzelgespräche mit der Teamführung monatlich. Die Verteilung des Kontaktvolumen hat gezeigt, dass Dienstag morgens wenig los ist.

In diesem Fall könntest Du die Teamsitzungen auf den Dienstagmorgen legen, wobei die verschiedenen Teams zu unterschiedlichen Zeiten an der Sitzung teilnehmen. Natürlich könntest Du auch mit einer dünnen Besetzung Dienstag morgens arbeiten, aber auf der anderen Seite ergibt es mehr Sinn, diese Zeit für die Meetings zu nutzen.

Fazit

Contact Center Schichtplanung ist wahrlich ein Hochseilakt, bei dem Du Effizienz und das Kundenerlebnis ausbalancieren musst, ohne Deine Mitarbeitenden über Gebühren zu belasten. Mit einer ausgefeilten Strategie, die die Planung von Freizeitausgleich und Meetings beinhaltet und zudem Multi-Skill-Planung nutzt, kannst Du diese Balance herstellen.

Ohne ein grundlegendes Verständnis für die Prinzipien und Prozesse, die für die Effizienzsteigerung verantwortlich sind, wird auch eine Unterstützung durch Software hinter den Erwartungen bleiben. Nur die perfekte Mischung aus effektiven Strategien und zuverlässiger Technologie kann sicherstellen, dass Dein Contact Center stets außergewöhnliche Kundenerlebnisse liefert und so langfristig Wachstum und Erfolg fördert.

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