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Skills-Based-Routing und Multi-Skilling: Ein unschlagbares Team

Geschrieben von Chris Dealy | Jul 16, 2024

Skills-Based-Routing (SBR) und mehrfach qualifizierte bzw. Multi-Skill-Mitarbeitende gibt es quasi seit den Anfängen des Call Centers. Inzwischen haben sich Call Center zu Omnichannel-Contact-Center entwickelt, die nicht nur Anrufe, sondern auch E-Mails, Webchats, Social-Media-Interaktionen und vieles mehr bearbeiten. Mehr denn je ist es wichtig, die richtigen Mitarbeitenden mit den richtigen Fähigkeiten zur richtigen Zeit einzuplanen, um Deine Kundenserviceziele zu erreichen, die Auslastung auf einem nachhaltigen Niveau zu halten und gleichzeitig die Effizienz zu maximieren. Aber was genau ist Multi-Skilling? Wie vermeidest Du typische Fehler und holst das Beste aus der skill-basierten Personalplanung in Deinem Contact Center heraus?

Was ist Multi-Skilling?

Multi-Skilling bedeutet, dass einige Deiner oder alle Mitarbeitenden mehr als eine Fähigkeit besitzen und mehr als eine Aufgabe ausführen können. Zum Beispiel könntest Du Mitarbeitende haben, die mehrere Sprachen sprechen oder sowohl bestehende Kunden betreuen als auch neue Kunden gewinnen können.

Was ist Skills-Based-Routing?

Skills-Based-Routing ist eine Funktion von Contact-Center-Plattformen, durch die Anrufe und andere Kundeninteraktionen gleichzeitig an mehr als eine Gruppe von Mitarbeitenden weitergeleitet werden können. Je nach Bedarf des Centers kann der Administrator Regeln definieren, die eingehende Interaktionen in einer bevorzugten Reihenfolge verteilen. Skills-Based-Routing leitet Interaktionen an den ersten verfügbaren Mitarbeitenden mit den erforderlichen Fähigkeiten weiter. SBR ermöglicht es Contact Centern, den maximalen Wert aus einer multi-skill-fähigen Belegschaft zu ziehen.

Was ist skill-basierte Personalplanung?

Die skill-basierte Personalplanung berücksichtigt die Fähigkeiten jedes einzelnen Mitarbeitenden bei der Erstellung von Dienstplänen, sodass die Kundennachfrage so effizient wie möglich bedient wird.

Was sind die Vorteile einer skill-basierten Personalplanung?

  • Es ist weitaus wahrscheinlicher, dass Kundenanliegen beim ersten Kontakt gelöst werden. Das liegt daran, dass Kunden zu den Mitarbeitenden weitergeleitet werden, die am besten qualifiziert sind, ihr Problem zu lösen.
  • Mitarbeitende, die mehr als eine Fähigkeit beherrschen, können abwechslungsreichere Aufgaben übernehmen. Das verhindert Langweile und Eintönigkeit der Arbeit.
  • Multi-Skilling und Skills-Based-Routing reduzieren die Notwendigkeit, Mitarbeitende von einer Interaktionsart zur anderen zu verschieben, um unterschiedlichen Arbeitslastspitzen zu bedienen. Das System findet automatisch die beste Ressource für den Arbeitslastmix in Echtzeit.
  • Der größte Vorteil ist jedoch die Effizienzsteigerung aufgrund von optimierter Auslastung und Nutzung der Mitarbeitenden. Wenn es keine Belegschaft mit Multi-Skills und kein Skills-Based-Routing gibt, sind separate Teams von Mitarbeitenden nur einer einzigen Art von Kontakt zugeordnet, differenziert z.B. nach Thema oder Kontaktkanal. Mit einer multi-skilled Belegschaft und skill-basierter Personalplanung wird die Leerlaufzeit zwischen Kundeninteraktionen reduziert, da Mitarbeitende mit mehr als einer Fähigkeit naturgemäß weniger Zeit damit verbringen, auf eine Interaktion zu warten, die sie qualifiziert bearbeiten können. Die Auslastung und Nutzung von multi-skilled Mitarbeitenden wird daher tendenziell höher sein als die von single-skilled Mitarbeitenden. Je größer der Umfang des Multi-Skillings, desto weniger Mitarbeitende werden benötigt, um die Arbeitslast zu bewältigen. Dieser Effekt wird als Pooling-Effizienz bezeichnet.

Um die Pooling-Effizienz bestmöglich auszunutzen, haben sich einigen Call Center das Ziel gesetzt, alle Mitarbeitende zu „universellen Mitarbeitenden“ auszubilden, die jede Interaktion bearbeiten können. Leider ist dies oft unrealistisch, weil:

  • entsprechende Schulungen typischerweise Wochen oder Monate dauern, bis Mitarbeitende alle möglichen Interaktionen kompetent bearbeiten können.
  • einige Interaktionen eine spezielle Persönlichkeit erfordern, zum Beispiel im Verkauf und Inkasso.
  • einige Interaktionen Zertifizierungen erfordern, deren Erhalt Monate oder Jahre dauern kann.
  • Mitarbeiterfluktuation ein Fakt in jedem Call Center ist, sodass in vielen Fällen eine komplett universelle Belegschaft mit den benötigten Multi-Skills nie erreicht werden kann.

Skills-Based-Routing hilft Contact Centern, ihre Mitarbeitenden auf eine Weise einzusetzen, die vielleicht nicht völlig universell ist, aber sicherlich effizienter als einzelne spezialisierte Teams. Neue Mitarbeitende können schrittweise auf die verschiedenen Kontaktarten trainiert werden. Sobald sie Kompetenz und Vertrauen beim Umgang mit den ihnen zugewiesenen Interaktionen gezeigt haben, können sie nach und nach neue Aufgaben übernehmen und beim Skills-Based-Routing häufiger berücksichtigt werden.

Was sind die Nachteile?

Skill-basierte Personalplanung bringt aber auch eine Reihe an Herausforderungen mit sich:

  • Der Schichttausch muss sorgfältiger gehandhabt werden. Sofern Mitarbeitende ihre Schichten nicht mit Kollegen und Kolleginnen tauschen, die genau die gleiche Kombination von Fähigkeiten haben, wird dies Auswirkungen auf den Kundenservice haben.
  • Ähnliche Herausforderungen gelten für Freizeit, Überstunden und Krankheit. In einem Single-Skill-Umfeld können Planer und Teamleiter leicht Ersatz für
    Mitarbeitende finden, die krankheitsbedingt ausfallen. Bei einer multi-skilled Belegschaft zählen jedoch alle Fähigkeiten der abwesenden Mitarbeitenden. Wenn ein fehlender Mitarbeiter z.B. für drei Fähigkeiten eingeplant ist, muss idealerweise ein Ersatz mit genau diesen drei Fähigkeiten gefunden werden. Falls nicht, wird es sich nicht vermeiden lassen, dass Kundenanfragen eingehen, aber kein entsprechend qualifizierter Mitarbeiter anwesend ist, um sie zu bearbeiten.
  • Letztlich steigt die Komplexität des gesamten Workforce-Management-Prozesses (WFM) erheblich an. Die Modellierung der Multi-Skill-Pooling-Effizienz im Prognose- und Planungsprozess ist keine triviale Aufgabe.

Herausforderung bei der Personalberechnung

Eine grundlegende Herausforderung, die die skill-basierte Personalplanung für WFM darstellt, ist die Bestimmung der Anzahl der benötigten Mitarbeitenden mit jeder Fähigkeit oder Kombination von Fähigkeiten. In einem Single-Skill- oder Universal-Mitarbeiter-Szenario funktioniert die Erlang-C-Formel gut. Wenn Mitarbeitende jedoch eine Kombination von Fähigkeiten haben, versagt Erlang C vollständig, da die Formel die Fähigkeiten der Mitarbeitenden nicht berücksichtigt. Es wird davon ausgegangen, dass alle Mitarbeitenden identisch sind. Bei einer multi-skilled Belegschaft macht die Kombination von Mitarbeitenden und Fähigkeiten einen großen Unterschied, da es ein Geflecht von Abhängigkeiten gibt. Zum Beispiel scheint auf den ersten Blick die Einstellung von Personal mit der Fähigkeit X nicht das Ressourcenproblem bei Fähigkeit Y zu lösen. Wenn jedoch bereits Mitarbeitende mit den Fähigkeiten X und Y im Center vorhanden sind, sorgt die Aufstockung der Fähigkeit X dafür, dass Mitarbeitende mit beiden Fähigkeiten weniger Fälle mit X bedienen müssen und somit mehr Zeit für Fälle mit Y haben.

Simulationen als Lösungsansatz

WFM-Softwareanwendungen gehen diese Herausforderungen auf verschiedene Weise an. Einige verwenden komplexe Simulationsmodelle, die die genaue Mischung von Anrufen und Kontakten in jedem Intervall, z.B. 15 Minuten, nachahmen. Sie simulieren verschiedene Schichtkombinationen für die multi-skilled Mitarbeitenden, bis eine Lösung gefunden wird. Dieser Ansatz erscheint auf den ersten Blick sinnvoll, hat aber auch einige Nachteile:

  • Die Simulationen können lange dauern, selbst in einem kleinen bis mittelgroßen Center. Das ist nicht nur unbequem, sondern macht den Ansatz weniger praktikabel. Viel schwerwiegender ist jedoch, dass es Planer oder Teamleiter einschränkt, schnell zu reagieren, wenn die tatsächlichen Kontaktvolumina von der Prognose abweichen oder wenn mehrere Mitarbeitende krankheitsbedingt ausfallen.
  • Krankheit und andere Shrinkage-Effekte treten in jedem Contact Center auf. Eine Simulation kann unmöglich vorhersagen, welche Mitarbeitenden an einem bestimmten Tag abwesend sein werden, und folglich wird die Gültigkeit der Dienstpläne beeinträchtigt.
  • Die Simulation wird zwangsläufig eine vereinfachte Version der Realität verwenden. Dienstpläne werden typischerweise Wochen im Voraus erstellt. Wenn der Tag kommt, könnten einige Mitarbeitende das Unternehmen verlassen haben, neue könnten angefangen haben, und andere wurden in neuen Fähigkeiten geschult. Selbst ein Dienstplan für die kommende Woche muss möglicherweise aufgrund von Shrinkage-Effekten wie Freizeit, Teambesprechungen und Schulungen neu erstellt werden.
  • Was ist, wenn die Routing-Logik auf der Routing-Plattform geändert wird? Viele Call Center ändern häufig die Routing-Regeln als Reaktion auf sich ändernde Geschäftsanforderungen. Diese Änderungen machen die Simulationsergebnisse ungültig und bedeuten, dass die Simulation neu programmiert werden muss – ein arbeitsintensiver und zeitaufwändiger Prozess.

Alternativer Lösungsansatz: Optimierung

Ein weiterer Ansatz zur skill-basierten Personalplanung ist die Verwendung ausgeklügelter Optimierungsalgorithmen anstelle von Simulation. Die Optimierung bietet eine Reihe wichtiger Vorteile:

  • Mithilfe der Optimierung lassen sich viel schneller als mit der Simulation Dienstpläne erstellen, die die Fähigkeiten einzelner Mitarbeitende mit einem akzeptablen Maß an Genauigkeit berücksichtigen. Diese Geschwindigkeit ermöglicht es, rechtzeitig und effektiv auf Änderungen in Volumen, Anrufmustern oder Verfügbarkeit der Mitarbeitenden zu reagieren.
  • Anpassungen innerhalb des Tages können schnell berechnet und das Personal kann präziser auf die Nachfrage abgestimmt werden, wenn die tatsächliche Arbeitslast und die Fähigkeiten der Mitarbeitenden bekannt sind.
  • Der anfängliche Einrichtungs- und laufende Wartungsaufwand wird erheblich reduziert. Und wenn sich die Routing-Logik ändert, müssen nicht jedes Mal komplexe Konfigurationen aktualisiert werden.

Obwohl der Optimierungsansatz auf den ersten Blick weniger präzise als die Simulation erscheinen mag, führt Optimierung typischerweise zu einer ähnlichen oder gar besseren Planungseffizienz, verglichen mit der Simulation. Planungseffizienz ist eine wichtige WFM-Kennzahl, die die Übereinstimmung von „Angebot“ an Mitarbeitenden und „Nachfrage“ nach Mitarbeitenden misst. Das Ziel ist eine perfekte Abdeckung, d.h. keine Unterbesetzung und keine Überbesetzung. Planer haben einen klaren Vorteil, wenn sie die Planungseffizienz ständig schnell und einfach optimieren können, auch in einem Multi-Skill-Umfeld.

Fazit

Skill-basierte Personalplanung ist eine komplexe Aufgabe. Die Herausforderungen hören nicht bei der Erstellung des Dienstplans auf. Du wirst mit operativen Herausforderungen wie wechselndem Kontaktvolumen, Krankheit der Mitarbeitenden und geschäftlichen Änderungen konfrontiert, die sich auf die durchschnittliche Bearbeitungszeit (AHT) auswirken. Jeder dieser Effekte kann eine Überarbeitung Deiner Dienstpläne erforderlich machen. Denke daran, dass das Hauptziel von WFM darin besteht, konsequent die richtige Anzahl von Personen mit den richtigen Fähigkeiten zur richtigen Zeit an ihren Arbeitsplätzen zu haben. Multi-Skill-Planung ist komplexer als Single-Skill-Planung, aber versierte Planer können die Herausforderungen überwinden, indem sie die richtigen Methoden und Werkzeuge wählen.