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Forecasting-Basics #3: Personallücken schließen

Charles Watson 8 min Lesezeit PDF-Download
Forecasting-Basics #3: Personallücken schließen

Im ersten Post unserer Reihe „Forecasting-Basics im Contact Center“ haben wir das Arbeitsaufkommen prognostiziert. Im zweiten wurde der Personalbedarf und das verfügbare Personal berechnet.

In diesem Blogpost lernst Du Techniken kennen, um die Lücken zwischen Personalbedarf und verfügbarem Personal zu schließen. Wir zeigen Dir, wie Du den Personalbedarf des gesamten Jahres möglichst effizient deckst - und dabei sowohl Unter- als auch Überdeckung vermeidest. Hierzu führen wir Dich Schritt für Schritt durch ein Beispielszenario.

Welche Personalstrategie verfolgt Dein Contact Center?

Als erstes solltest Du Dich aber mit der Personalstrategie in Deinem Contact Center vertraut machen. In manchen Contact Centern steht der Kunde ohne Wenn und Aber im Mittelpunkt. In diesem Fall kann eine leichte Überbesetzung gewollt sein, um Spitzen im Anrufvolumen, bei der Bearbeitungszeit oder bei der Shrinkage besser ausgleichen zu können.

In anderen Contact Centern besteht das Hauptziel darin, die Kosten zu senken – das Personal wird dann entsprechend knapp und effizient kalkuliert.

Manche Contact Center wiederum legen den Hauptfokus auf die Mitarbeiterzufriedenheit. In diesem Fall wird - genau wie bei kundenorientierten Contact Centern - eine etwas höhere Besetzung angepeilt und Überbesetzung bewusst in Kauf genommen, um die Agenten stärker zu entlasten. 

Die Basisbesetzung ermitteln

Zuerst solltest Du herausfinden, wie viele FTE Du während des gesamten Jahres dauerhaft benötigst.

Tabelle 1: Benötigte FTE

benoetigte-fte-pro-monat

Laut Tabelle 1 ist das Contact Center in jedem Monat auf mindestens 201 FTE angewiesen.

Contact Center ohne eine flexible Personalstrategie würden den Bedarf über das ganze Jahr decken, indem sie einfach 275 bis 300 feste Vollzeit-Mitarbeiter einstellen. Sie beschäftigen also mehr Agenten, als sie in schwächeren Monaten benötigen, um sicherzustellen, dass sie die Spitzenmonate voll abdecken können (in diesem Fall: die Herbst- und Wintersaison).

Dabei besteht jedoch die Gefahr, dass Dein Contact Center in den schwächeren Monaten überbesetzt ist und hohe Leerlaufzeiten verzeichnen muss (in diesem Fall: in der Frühjahrs- und Sommersaison). Dies führt zu unnötig hohen Kosten und einer uneinheitlichen Arbeitsbelastung der Agenten im Laufe des Jahres.

Daher ist ein flexibler Ansatz, wie wir ihn anstreben, besser. Von der Basisbesetzung von 201 fest eingestellten Agenten ausgehend, werden wir verschiedene Maßnahmen ergreifen, um die saisonalen Schwankungen auszugleichen. Hierzu verwenden wir verschiedene flexible Planungsoptionen.

Outsourcing-Dienstleister sind beispielsweise sehr nützlich, weil sie die Anrufspitzen für Dich übernehmen können. Weitere Optionen sind Saisonarbeiter, Zeitarbeiter und Teilzeitbeschäftigte. Aber es gibt noch deutlich mehr Möglichkeiten, den Personalbedarf flexibel zu decken. Im Folgenden sehen wir uns einige davon an.

Flexible Planungsoptionen im Contact Center

Einige flexible Planungsoptionen sind nur verfügbar, wenn Du auf bestimmte Personaltypen zurückgreifst (z. B. auf Outsourcing-Dienstleister). Andere Optionen stehen Dir auch bei Deinen eigenen Mitarbeitern zur Verfügung. Zwei der gängigsten Methoden sind freiwilliger unbezahlter Urlaub und Überstunden. Mit diesen zwei Hebeln kannst Du die Zahl der Agenten um einige Prozentpunkte absenken oder anheben, um den schwankenden Personalbedarf bestmöglich abzudecken.

Im Beispiel oben benötigst Du im November 289 und im Dezember 297 Agenten. Mit Überstunden kannst Du einen Teil dieses kurzfristig höheren Bedarfs ohne zusätzliche Mitarbeiter decken. Sieh Dir an, wie viele Überstunden in der Vergangenheit angeordnet wurden und wie Deine Mitarbeiter darauf reagiert haben. Wenn es in den letzten drei Jahren im November und Dezember 5 % Überstunden gab, kannst Du davon ausgehen, dass Deine Agenten erneut 5 % Überstunden akzeptieren werden.

Jetzt kannst Du die 5 % auf Deine Personalberechnungen für November und Dezember aufschlagen. Die Zahl der zusätzlichen Mitarbeiter, die für diese Monate benötigt wird, kann entsprechend reduziert werden.

Ähnlich gehst Du vor, wenn Du freiwilligen unbezahlten Urlaub dazu verwendest, die Zahl der Mitarbeiter in den ruhigeren Monaten zu reduzieren.

Denk daran, dass diese flexiblen Planungsoptionen auch spontan eingesetzt werden können, um plötzlich auftretende Anrufspitzen oder -täler abzufedern.

Freiwilliger unbezahlter Urlaub und Überstunden sind nicht die einzigen Hebel, die Dir zur Verfügung stehen, um das verfügbare Personal dem Personalbedarf anzugleichen. Abhängig von der Funktionsweise Deines Contact Centers kannst Du Agenten z.B. auch anderen Anrufarten zuteilen oder sie tage- wochen- oder monatsweise zwischen verschiedenen Anrufarten wechseln lassen. Wenn z.B. im Januar ein Anruftyp im Vergleich zu anderen deutlich erhöht ist, können Agenten diesem Typ zugeordnet werden, um das dortige Personal zu entlasten.

Dies erfordert oft die Unterstützung durch die Trainingsabteilung und kann sich auch auf die Qualität der Telefonate oder die Bearbeitungszeit auswirken, da die Agenten den Fokus von einem Aufgabentyp zum nächsten verschieben. Dennoch lohnt es sich, darüber nachzudenken, ob diese Option in Deinem Contact Center funktionieren könnte. Es ist eine gute Möglichkeit, um nicht nur Deinen Personalansatz flexibler zu gestalten. Agenten bekommen auch die Gelegenheit, neue Anruftypen auszuprobieren, und ihre Fähigkeiten zu erweitern.

Wir haben nun einige strategische Überlegungen und typische flexible Planungsoptionen besprochen. Machen wir uns nun daran, einen „echten” Personalplan zu erstellen.

>> Mehr zum Thema: Mit diesen 2 einfachen Schritten schaffst Du mehr Flexibilität in der Personalplanung im Contact Center

Wie man einen flexiblen Personalplan erstellt

Der erste Schritt besteht darin, den Personalbedarf dem verfügbaren Personal gegenüberzustellen und die Lücken zu erkennen.

In der folgenden Tabelle siehst Du den Personalbedarf (basierend auf dem Workload-Forecast) im Vergleich zum tatsächlich verfügbaren Personal. In diesem Fall beginnen wir das Jahr mit 245 FTE. Wir gehen davon aus, dass es aufgrund von Personalschwund jeden Monat zwei FTE weniger werden.

Tabelle 2: Benötigte und verfügbare FTE

benoetigte-verfuegbare-fte-pro-monat


Ausgehend von den Zahlen in Tabelle 2 bieten sich folgende Maßnahmen an, um die Über- und Unterdeckung in jedem Monat bestmöglich zu reduzieren:

Januar

Wir sind mit 30 FTE überbesetzt. Sofern möglich, sollten einige Mitarbeiter freiwilligen unbezahlten Urlaub nehmen, um die Personalstärke zu reduzieren. Zusätzlich wäre es sinnvoll, im Januar Trainings oder Coachings anzubieten, um überschüssige Agenten sinnvoll zu beschäftigen.


Der Blick auf die Personalstärke im Februar zeigt, dass unser Contact Center in diesem Monat leicht unterbesetzt ist. Sind für Februar Schulungen geplant, können diese möglicherweise in den Januar verlegt werden. Damit haben wir die Möglichkeit, sowohl die Unterbesetzung im Februar zu reduzieren als auch die Überbesetzung im Januar zu verringern.

Februar

Obwohl der Februar nicht ausreichend besetzt ist, ist er prozentual gesehen nicht dramatisch unterbesetzt. Tatsächlich sind es weniger als 3 %. Das ist weniger als die zu erwartende Forecast-Genauigkeit. Es sind daher keine drastischen Maßnahmen nötig, um die Personallücke zu schließen. Ich würde sieben FTE an Überstunden in der Hinterhand behalten, aber diese nur dann anordnen, wenn wir tatsächlich ein höheres Anrufvolumen beobachten.

März

Betrachten wir den März isoliert, liegt das Defizit bei 24 FTE. Wir sollten daher möglicherweise darüber nachdenken, eine Gruppe neuer Mitarbeiter einzustellen. Wenn wir uns aber die nächsten Monate ansehen, dann erkennen wir, dass der Personalbedarf deutlich sinkt. Wenn wir neue Mitarbeiter einstellen, wäre das Contact Center in diesen Monaten stark überbesetzt.

Die Lücke von 24 FTE macht 9 % unseres Personalbedarfs aus. Dies ist weitaus mehr, als wir allein durch Überstunden ausgleichen können. Die beste Lösung für dieses Problem ist, möglichst viel Shrinkage wie Trainings, Coachings etc. aus diesem Monat in andere Monate zu verlegen.

Wir sollten außerdem versuchen, Agenten, die normalerweise andere Anruftypen betreuen, zur Unterstützung hinzuzuziehen (sie könnten bereits im Februar beginnen und ein wenig dabei helfen, die dortige Personallücke zu schließen). Zusätzlich können wir in gewissem Maße Überstunden einplanen, um den verbliebenen Personalbedarf zu decken. Wir können außerdem versuchen, bezahlten Urlaub vom März in den Mai und Juni zu verschieben.

April

Der April ist um 4 FTE (1,6 %) unterbesetzt. Ich würde mir daher um diesen Monat keine Sorgen machen.

Mai/Juni/Juli

Die drei Monate lassen sich zusammenfassen, da sie alle ähnlich überbesetzt sind und den geringsten Personalbedarf des Jahres verzeichnen.

Wenn man bequem ist, könnte man sich die drei Monate ansehen und sagen: „Ok, wir erreichen unser Servicelevel, um mehr muss ich mich nicht kümmern." Doch da wir unseren Job richtig gut machen wollen, reicht uns das nicht. Wir wollen auch die Überdeckung beseitigen.

Wir können die Überdeckung beispielsweise nutzen, um in zusätzliche Schulungen oder andere Aktivitäten zu investieren, die dazu beitragen, dass unsere Agenten ihre Fähigkeiten weiterentwickeln. So sind sie auf die Spitzenbelastungen später im Jahr besser vorbereitet. Wir können auch Shrinkage-Aktivitäten aus anderen Monaten in den Mai, Juni und Juli verschieben, um die Unterbesetzung dieser Monate zu reduzieren.

August

Der August weicht lediglich um 1,2 % vom Personalbedarf ab. Hier brauchen wir keine Zeit zu investieren.

September/Oktober

Ok, jetzt kommen wir allmählich in die Hauptsaison und es ist deutlich mehr zu tun. Beide Monate sind unterbesetzt, und die Anforderungen werden in den kommenden Monaten noch weiter steigen. Hier brauchen wir wirklich eine Gruppe neuer Mitarbeiter.

Bedenke aber: Jedes Unternehmen ist anders was die Zahl der Trainees angeht, die es gleichzeitig ausbilden kann. Eine gängige Gruppengröße für Neueinstellungen ist 20. So ist es auch in unserem Contact Center. Wir können also eine Gruppe von 20 FTE einstellen, die bereits im September startet. Die restliche Unterbesetzung decken wir mit einigen Überstunden.

Hinweis: Erwarte bei Neueinstellungen immer überdurchschnittlich hohe Bearbeitungszeiten. Wenn Du ab September 20 neue Mitarbeiter hast, sind sie in diesem Monat wahrscheinlich nicht voll produktiv. Wenn ihre Bearbeitungszeit doppelt so hoch ist wie die von erfahrenen Agenten, werden sie auch nur Arbeit im Umfang von 10 FTE erledigen.

Sieh Dir die historische Lernkurve für neue Mitarbeiter an und berücksichtige sie bei der Einschätzung der Bearbeitungszeit. Möglicherweise sollten wir die neuen Agenten auch bereits im August einstellen, damit sie im September die benötigte Effizienz erreichen.

November/Dezember

Dies ist die Hauptsaison für unser fiktives Contact Center. Nun ist es an der Zeit, für unsere Kunden zu glänzen. Die meisten Unternehmen haben eine Hauptsaison und das bedeutet mehr als nur ein erhöhtes Anrufvolumen. Es ist die Zeit, in der Deine Kunden Dich am meisten brauchen! Es ist auch die Zeit, in der viele Contact Center unterbesetzt sind, so dass Kunden viel Zeit in der Warteschlange verbringen müssen. Das wollen wir nicht. Wie sieht also eine Lösung aus?

In den Vormonaten haben wir bereits 20 neue Agenten eingestellt. Wahrscheinlich brauchen wir nun 20 weitere, um nicht unterbesetzt zu sein. Wir sehen uns außerdem die Lernkurve für neue Agenten an und überlegen, ob die neuen Agenten eventuell schon früher eingestellt werden sollten.

Es ist vermutlich am sinnvollsten, bereits im September 40 FTE einzustellen und Überschüsse im September und Oktober über freiwillige Urlaubstage auszugleichen.

Während wir nicht darum herumkommen, unseren Agenten einige Urlaubstage einzuräumen (es wäre unvernünftig, von den Agenten zu erwarten, zwei Monate ohne freie Tage auszukommen – wir würden nur die Zahl der unentschuldigten Fehltage erhöhen), sollten wir alle unnötigen Aktivitäten von unseren Agenten fernhalten. Das heißt: keine Trainingsmaßnahmen und möglichst wenig Coaching (genau deshalb haben wir das Coaching ja auf Januar bis Oktober gelegt).

>> Auch interessant: Berücksichtigen Sie die 2 wichtigsten Elemente in der Personalplanung?

Du hast einen Plan – was kommt als Nächstes?

Es hat sich bei mir bewährt, mich mindestens monatlich mit der Personal- und Trainingssabteilung zu treffen. Es gehen laufend neue Daten ein, Prognosen werden angepasst und entsprechend ändert sich auch der Personalbedarf. Die Zahl der Agenten, die Du pro Monat einstellen und einarbeiten kannst, ist jedoch beschränkt. Deshalb ist es wichtig, vorauszuplanen, und regelmäßig mit der Personal- und Trainingssabteilung über den Personalbedarf zu sprechen.

Die Zahl der Neueinstellungen wird beispielsweise durch die Zahl der Personaler oder die Zahl der qualifizierten Kandidaten auf dem Markt eingeschränkt. Bei der Ausbildung ist es die Zahl der Trainer oder die Zahl der verfügbaren Seminarräume.

Es gibt noch weitere Optionen, um sicherzustellen, dass Du Dein Soll erfüllst und Deine Service-Level-Ziele erreichst. Ein wichtiger Bereich ist hier die Tagessteuerung. Wenn Du mehr erfahren willst: In diesem Artikel erhältst Du Tipps, wie Du die Tagessteuerung in Deinem Contact Center verbesserst.

Abschließende Worte

Ich hoffe, die dreiteilige Serie über „Forecasting-Basics im Contact Center“ hat Dir weitergeholfen. Workforce Management mit der richtigen Personalstrategie kann entscheidende Impulse in Deinem Unternehmen setzen. Entscheide Dich dafür, ein Planer zu sein, der die Herausforderungen bewusst annimmt. Entwickle Strategien, die mit den Zielen der Unternehmensführung in Einklang stehen. So machst Du Dich zu einem unverzichtbaren Teil Deines Contact Centers!

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