Contact-Center-Management

Auslastung im Call Center: Definition, Auswirkungen und Management

Charles Watson 8 min Lesezeit PDF-Download
Auslastung im Call Center: Definition, Auswirkungen und Management

Die Auslastung ist für Call Center eine der wichtigsten Kennzahlen. Sie ist entscheidend für langfristige Einstellungs- und Personalpläne, sowie für die Verbesserung von Effizienz und Kundenzufriedenheit. Mit anderen Worte, wenn Du weder Geld noch Deine Mitarbeiter verbrennen möchtest, behalte die Auslastung in Deinem Contact Center im Blick.

Was ist die Auslastung im Contact Center?

Die Auslastung in Contact Centern gibt an, wie ausgelastet die Mitarbeiter im Kundenkontakt sind. Die Berechnung der Auslastung im Call Center sieht wie folgt aus:

Gesamtbearbeitungszeit/Verfügbare Gesamtarbeitszeit

Mit anderen Worten, es handelt sich um den Prozentsatz der Zeit, in der Agenten arbeitsbereit angemeldet sind und in der sie tatsächlich arbeiten. Es ist das Gegenteil der "Leerlaufzeit" oder "verfügbaren" Zeit. 

Shrinkage wird bei dieser Berechnung nicht berücksichtigt. Wenn Deine Mitarbeiterin für 8 Stunden pro Tag bezahlt wird, sie aber nur 6 Stunden für Telefonate zur Verfügung steht, weil sie 2 Stunden mit anderen Tätigkeiten wie Meetings und Schulungen beschäftigt ist, dann sind 6 Stunden der Nenner.

Welche Auslastung ist die optimale für welchen Kanal?

Mit Blick auf das Service Level sollte die Auslastung bei den Telefongesprächen deutlich unter 100% liegen. Für gewöhnlich wird sie zwischen 80% und 90% liegen, je nach Effizienz Deines Contact Centers und dem vereinbarten Service Level. Andere Kanäle können hingegen mit einer deutlich höheren Auslastung angesetzt werden, wie etwa Chat oder E-Mail.

Der Grund dafür liegt in der Struktur der Kanäle. Mitarbeiter können mehrere Chats und E-Mails gleichzeitig bearbeiten. Technisch können sie also zu mehr als 100% ausgelastet sein. Wir gehen in diesem Blog nicht auf die Gleichzeitigkeit von Chats ein, aber die Gleichzeitigkeitsrate wirkt sich auf die Auslastung aus.

Die Auslastung für E-Mail kann konsistent bei 90-100% liegen, abhängig natürlich vom eingehenden Arbeitsvolumen. Die Personaleinsatzplanung kann mit einer 100%-igen Auslastung rechnen, da Du davon ausgehen möchtest, dass Deine Mitarbeiter in ihrer gesamten Arbeitszeit E-Mails bearbeiten können.

Negative Auswirkungen von zu hoher und zu niedriger Auslastung in Deinem Call Center

Die Auslastung richtig zu steuern, ist ein Balanceakt zwischen Effizienz und Mitarbeiterbelastung.

Bei einer zu niedrigen Auslastung bezahlst Du für Mitarbeiter, die nicht ausgelastet sind und Dein Service Level ist zu hoch. Lohnkosten machen in den meisten Betrieben den Großteil der Kosten aus. Sie haben den größten Einfluss auf die Rentabilität Deines Betriebes. 

Auf der anderen Seite möchtest Du aber auch keine zu hohe Auslastung riskieren. Wenn Deine Mitarbeiter zu stark ausgelastet sind, sind sie nicht mehr verfügbar für neu eingehende Anrufe, was direkten Einfluss auf Dein Service Level hat. 

Auch auf der Mitarbeiterseite hat eine zu hohe Auslastung im Call Center gravierende Auswirkungen. Eine zu hohe Auslastung über einen längeren Zeitraum brennt Deine Agenten aus. Mit Kunden zu telefonieren, ist ein anstrengender Job. Ohne Verschnaufpausen zwischendurch baut sich Stress für Deine Mitarbeiter auf. Manche mögen damit besser umgehen, manche aber auch nicht. Diese riskierst Du zu verlieren, erst durch häufigere Krankmeldungen, letztendlich auch durch Kündigungen.

Zu hohe Auslastung wirst Du vermutlich auch in den Nachbearbeitungzeiten (After Call Work, ACW) sehen, da Deine Mitarbeitern diese nutzen, um wenigstens kleine Verschnaufpausen zu bekommen. Das hat allerdings dann größere Auswirkungen auf Deine nachfolgende Planung. Deine Planung wird diese “falschen” ACW Zeiten beinhalten, was zu Überbesetzung führt, wenn die Auslastung wieder auf ein normales Level zurück geht.

Die richtige Auslastung für Dein Call Center

Die optimale Auslastung für Dein Contact Center kannst Du aus Deinen historischen Daten ableiten. Zwischen der Auslastung und dem Service Level besteht normalerweise eine starke Korrelation. Bei einer bestimmten Auslastung erreichst Du ein bestimmtes Service Level. Andersherum hast Du bei einem Service Level von 80% typischerweise ein konstantes Auslastungslevel. Nutze diese Korrelation, um regelmäßig die Präzision deiner Personalplanung zu überprüfen.

Die Auslastung wird auch für die mittel- bis langfristige Kapazitätsplanung genutzt. Sie dient als Berechnungsgrundlage des Personalbedarfs für das angestrebte Service Level. Sie hat somit Auswirkungen auf die langfristige Personalplanung.

Präzisiere Dein Auslastungsziel

Für eine bessere Bestimmung Deines Auslastungsziel benötigst Du die Mitarbeiter von Finanzen, Operations und Workforce Management. Jede dieser Abteilungen hat eigene Ziele. Die richtige Balance zu finden, ist deshalb entscheidend. Lass uns mal schauen, welche Rolle jede Abteilung spielt:

Finanzen

Basierend auf den Rentabilitätsanforderungen stellt die Finanzabteilung einen bestimmten Geldbetrag für das Contact Center zur Verfügung. Daraus ergibt sich im Wesentlichen eine bestimmte Anzahl von Mitarbeitern, die Du beschäftigen kannst.

Dabei ist es nicht ungewöhnlich, dass die Ansichten von Finanzen und des Workforce Managements deutlich voneinander abweichen. Aber für die Jahresplanung wirst Du Dich mit Finanzen auf eine bestimmt Anzahl an FTEs (Full Time Equivalents, Vollzeitäquivalent) einigen müssen. Dank Deiner Planungstools kannst Du nun realistisch das bestmögliche Service Level abschätzen.

Operations

Im täglichen Geschäft versucht Operations mit geringstmöglichen Ressourcen ein bestimmtes Qualitätslevel zu erreichen. Oder anders gesagt, was ist das geringstmögliche Service Level, ohne Einbußen in der Kundenzufriedenheit? Oder ab welchem Service Level steigt die Kundenzufriedenheit sogar?

In dem Spannungsfeld des vorgegebenen Budgets von Finanzseite und dem von Operations vorgegebenen Mindestqualitätslevel bestimmst Du das optimale Service Level.

Workforce Management

Das WFM-Team ist in der Lage, Sensitivitätsanalysen für die verschiedenen Service-Level-Ziele durchzuführen und das Unternehmen über die erwartete Auslastung bei einem bestimmten Service Level zu informieren.

So kann z. B. ein Service Level von 80% mit der derzeitigen Struktur eine Auslastung von 80% erreichen. Wenn jedoch zwei Gruppen zusammengelegt werden, kann durch die Nutzung von Skaleneffekten eine Auslastung von 85% erreicht werden. Skaleneffekte bewirken, dass bei steigender Teamgröße zur Bewältigung eines größeren Arbeitsaufkommens, sich die Auslastung jedes Einzelnen der Gruppe verbessert.

Das Gegenteil ist auch möglich. Es kann gewünscht sein, Teams aufzuteilen, um eine bessere Spezialisierung zu ermöglichen. Das geht dann für gewöhnlich mit einer Verringerung der Skaleneffekte einher, was auch eine geringere Auslastung für das angestrebte Service Level bedeutet. Das WFM kann die Auswirkungen dieser Änderungen auf die Vollzeitstellen messen und in Kosten für das Unternehmen übersetzen.

Auslastung und Service Level in der Tagessteuerung

Nach dem Plan ist vor der Umsetzung. Jetzt geht es darum die Auslastung so zu managen, dass Service Level und Effizienz in Balance sind. 

Einfachere Contact Center werden vermutlich lediglich darauf achten, dass das Service Level nicht unter einen gewissen Schwellenwert sinkt. Ein 80/20 geführtes Call Center beispielsweise wird darauf achten, dass dieser Wert während des Tages nicht unterschritten wird. Niedrige Service Level deuten auf eine höhere Auslastung hin. In diesem Fall sollte Maßnahmen zur Wiederherstellung des Service Level ergriffen werden.

Die bestgeführten Contact Center hingegen ergreifen auch bei zu hohen Service Level Maßnahmen. Denn bei zu hohem Service Level sind die Mitarbeiter nicht voll ausgelastet. Hohe Service Level deuten also auf eine zu niedrige Auslastung hin. 

Du trägst dem Rechnung, indem Du kein starres Service Level setzt, sondern stattdessen einen Service Level Bereich definierst. Aus 80/20 könnte so etwa 75-85/20 werden, also 75-85% der Anrufe werden innerhalb von 20 Sekunden angenommen. Du hast einen flexiblen Spielraum, um sowohl Kunden glücklich zu machen UND eine Überbesetzung zu vermeiden. 

Dies kannst Du in Deinem WFM System umsetzen, indem Du den Personalbedarf mit dem Mittelwert (80%) berechnest. In der wöchentlichen Planung, aber auch in der Tagessteuerung, nimmst Du dann entsprechende Anpassungen vor, um so viele Intervalle wie möglich in diesem Bereich zu halten.

>> 10 Gründe, warum eine WFM Software dein Service Level signifikant verbessert

Weitere Tipps, um die Auslastung in Deinem Call Center zu managen

Tipp 1: Führe regelmäßig einen "Gesundheitscheck" für Deine Maßnahmen durch

Auch kleine Maßnahmen können über die Zeit eine große Wirkung erzielen. Nehmen wir die Planungseffizienz als Beispiel: Eine Ausnahme hier, eine Ausnahme dort, um den einen oder anderen Mitarbeiter zufrieden zu stellen, wird Deine Effizienz lediglich ein wenig verringern. Ein paar mal mehr und schon sieht das Ganze anders aus.

Wenn Deine Planung den Bedarf nicht mehr so effizient deckt, wird es schwieriger bis unmöglich, das Service Level mit der gleichen Auslastung zu halten. Vermutlich wird die Auslastung ansteigen und somit Dein Service Level sinken.

Eine weiterer Aspekt, dem Du Beachtung schenken solltest, sind die Jahresschwankungen im Volumen. Wenn Deine Workloads wachsen, könntest Du durch Nutzung der oben genannten Skaleneffekte mit einer höhen Auslastung planen. Ziehst Du das aber nicht in Betracht und planst weiter mit der geringeren Auslastung, wirst Du lediglich ein etwas besseres Sevice Level erhalten.

Tipp 2: Mache die Auslastung zu einer Deiner wichtigsten Kennzahlen 

Die Auslastung sollte regelmäßig berichtet und diskutiert werden. So behältst Du sie auf dem Schirm und kannst im Falle von Abweichungen schnell reagieren. Sobald Dir etwas auffällt, kannst Du eine schnelle Ursachenanalyse durchführen und entsprechende Gegenmaßnahmen einleiten.

Vergisst Du, Dir regelmäßig die Auslastung anzusehen, werden die Einflussfaktoren immer zahlreicher. Wenn Du zu lange wartest, wirst Du kaum noch herausfinden kommen, welcher den größten Einfluss hatte.

Tipp 3: Schaue Dir die Auslastung in der Tagessteuerung an

Auch wenn Dein WFM System Dir eine perfekt geplante Personaldeckung zeigt, mache Dir stets bewusst, dass das auf einer Modellierung beruht. Die aktuelle Realität kann anders aussehen. 

Zum Beispiel könnten einige Mitarbeiter, die bis 17 Uhr geplant sind, sich etwas verfrüht aus dem System ausloggen. Das wird unweigerlich für die anderen zu einer höhen Auslastung in dieser Zeit führen und somit Dein Service Level gefährden.

Deswegen ist es so wichtig, die Auslastung in der Tagessteuer zu überwachen und eine gleichmäßige Auslastung über den gesamten Tag zu gewährleisten. Solltest Du immer wieder merken, dass zu bestimmten Zeiten am Tag oder an bestimmten Tagen in der Woche die Auslastung abweicht, kann das ein Anlass sein, Deine Planung zu überprüfen.

>> Tipps für WFM Superhelden: Best Practices, wie Du die Tagessteuerung richtig einsetzt

Fazit

Die Auslastung ist eine wichtige Kennzahl, die Operations leider zu häufig fehlinterpretiert oder falsch einordnet. Du und Dein WFM Team sollten die Verbindung zwischen Auslastung und Service Level aufzeigen.

Spiele regelmäßige Testszenarien mit Finanzen und Operations durch und zeige Optionen auf, wie die Effektivität des Contact Centers gefördert werden kann. Das mag eventuell einigen Erklärungsaufwand von Deiner Seite bedeuten, doch das Ergebnis wird es allemal wert sein.

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