Ein durchdachter Omnichannel-Ansatz kann die Customer Experience nachhaltig verbessern. In diesem Artikel erfährst Du, welchen Beitrag Einsatzplaner dabei leisten können.
Die Customer Experience ist für Contact Center eine zentrale Kennzahl. Sie ergibt sich aus der Summe aller Kundenerlebnisse, also allen direkten und indirekten Kontaktmomenten zwischen Kunden und Unternehmen. Die Customer Experience wird von vielfältigen Faktoren beeinflusst. Entscheidend ist unter anderem, wie die einzelnen Kontaktpunkte ineinandergreifen und sich zu einer stimmigen Customer Journey verbinden.
Ziel des Customer-Journey-Managements ist es daher, eine kanalübergreifende Customer Journey zu entwickeln und diese zu analysieren und weiter zu optimieren. Alle Abteilungen eines Unternehmens sollten dabei einbezogen werden. Die Summe aller Erfahrungen eines Kunden entlang seiner Customer Journey wirkt sich am Ende auf zentrale KPIs wie Abschlussquoten, Kunden-Zufriedenheit und Loyalität aus.
Das Wechseln der Kanäle während ein und derselben Kundeninteraktion (= Multimodalität) ist für Kunden eine Selbstverständlichkeit. Studien haben gezeigt, dass Kunden bei Serviceanfragen und Kaufentscheidungen im Durchschnitt oft 4,5 bis 6 verschiedene Kanäle nutzen. Welcher Kanal gewählt und wann gewechselt wird hängt dabei von persönlichen Präferenzen, der aktuellen Verfügbarkeit oder der Zweckmäßigkeit eines Kanals ab.
Allgemein nutzen Kunden heute wesentlich mehr Kanäle, um mit einem Unternehmen zu kommunizieren, als noch vor einigen Jahren. Bevor ein Kunde anruft hat er im Normalfall bereits die Website besucht. Während des Anrufs surft er parallel auf der Website weiter. Oder er schreibt eine Anfrage per E-Mail und ruft nach 2 Stunden an, weil er noch keine Antwort erhalten hat.
Hinzu kommt die Erwartungshaltung, dass ein Dialog, der in WhatsApp begonnen wurde, nahtlos in einem Chat oder einer E-Mail fortgeführt werden kann.
Die Messlatte der Kunden und Interessenten in einer mobilen und multimedialen Welt liegt also sehr hoch. Was für den Kunden jedoch so einfach funktioniert, ist für Unternehmen alles andere als trivial. Es setzt eine extrem anspruchsvolle Konfiguration an Technologien und Regeln voraus, die zusammenwirken müssen, um genau diese für den Kunden so einfach und natürlich erscheinende Kommunikation zu ermöglichen.
Um eine positive Erfahrung wahrscheinlich zu machen, kommt es beispielsweise auf eine Synchronisation der Kanäle, konsistente Aussagen an allen Touchpoints sowie auf einfache und zeitsparende Prozesse an. All dies fasst man unter dem Begriff „Omnichannel“ zusammen.
Abb 1: Omnichannel-Architektur
Für eine gute Customer Experience in einer Omnichannel-Umgebung sind außerdem zwei weitere Faktoren entscheidend: Zum einen muss das Contact Center über ein universelles Routing-System verfügen, das in der Lage ist, alle eingehenden Interaktionen über alle Kanäle hinweg nach bestimmten Kriterien auf geeignete und freie Mitarbeiter zu verteilen.
Zum anderen benötigen Servicemitarbeiter einen sogenannten integrierten Mitarbeiter-Arbeitsplatz (Unified Desktop), der kontextbezogen und in Echtzeit alle für einen Kunden relevanten Informationen in allen benötigten Systemen aufrufen und bereitstellen kann. Hierzu zählen nicht zuletzt sämtliche Konversationen, die in allen verfügbaren Kommunikationskanälen mit dem Kunden geführt wurden.
Was bedeutet das nun für die Personaleinsatzplanung? Nehmen wir an, ein Contact Center will künftig über verschiedene Kanäle erreichbar sein und diese mittels Omnichannel miteinander verknüpfen. Der Kunde kann ein Gespräch also per E-Mail beginnen, per Chat fortführen und per Telefon letzte Details klären.
Der Agent weiß zu jedem Zeitpunkt, was in vorangegangenen Kontakten mit dem Kunden besprochen wurde. Wir wollen im Folgenden einen Blick auf die Herausforderungen werfen, die sich daraus für die Personaleinsatzplanung ergeben.
Sobald neue Kanäle hinzukommen (z.B. Chat, Self-Service und Instant Messaging) müssen die bestehenden Forecast-Modelle überarbeitet werden. Hierfür sollte der Verantwortliche anfangs mit Annahmen wie den folgenden operieren:
Planer sollten außerdem Annahmen darüber treffen, wie Kundenanfragen von einem Kanal zum nächsten weitergeleitet werden, beispielsweise Self-Service-Anfragen, bei denen Kunden alleine nicht weiterkommen und zu einem Agenten geroutet werden müssen. Wenn 20 % aller Self-Service-Anfragen zu einem Agenten eskaliert werden müssen, dann sollten auch hierfür genügend geeignete Mitarbeiter eingeplant werden. Die Dringlichkeit sollte man dabei nicht unterschätzen. Stockende „Self-Service-Dialoge“ sind mindestens so eilig einzustufen wie ein Telefonat.
Bei einigen Kanälen muss im Planungsprozess auch berücksichtigt werden, dass ein Mitarbeiter 2 oder 3 Vorgänge gleichzeitig bearbeiten kann. Bestes Beispiel hierfür ist der Chat-Kanal. Dies sollte im System entsprechend berücksichtigt werden.
All diese Szenarien bildet der Planer anschließend in seinem System ab. Dadurch werden wie erwähnt die Forecast-Modelle angepasst. Aus den neuen Forecasts werden dann die neuen Einsatzpläne erstellt.
In den folgenden Wochen beobachtet der Planer, wie sich die Ist-Daten im Vergleich zu den Prognosen verhalten. Basierend auf diesen Erkenntnissen können die Prognosen dann weiter verfeinert werden. Nach einigen Wochen und Monaten hat der Planer genügend Daten gesammelt und kann hieraus Forecasts erstellen, die nochmals genauer sind.
Wichtig ist, dass ein Contact Center, das auf Omnichannel umstellt, nicht einfach seine alten historischen Daten und Prognose-Modelle weiterverwendet. Sonst droht eine deutliche Über- bzw. Unterbesetzung.
Besonderes Augenmerk sollten Planer auf das Thema Skill-Based-Routing legen, das bei Omnichannel von zentraler Wichtigkeit ist. Rein theoretisch kann eine ACD eine sehr große Anzahl von Mitarbeiterqualifikationen (Skills) in verschiedenen Kategorien verarbeiten (Kanalkompetenz, Produktwissen, Sprache). Das Routing wird auch in aller Regel funktionieren.
Allerdings sind allzu kleinteilige Skill-Gruppen für den Planungsprozess ungeeignet. Der Planer muss dann sehr viele, sehr spezielle Annahmen treffen, mit welchem Bedarf für welche Skill-Gruppe zu welcher Zeit zu rechnen ist. Je spezieller jedoch die Annahmen, desto größer die Gefahr, dass die Annahmen falsch sind und damit auch die Agenten falsch eingeplant werden.
Ein Planer, der Einsatzpläne für Omnichannel erstellt, muss mit möglichst soliden, d.h. wahrscheinlichen Szenarien arbeiten. Hierfür ist es essentiell, die Anforderungen an jeden Kanal möglichst genau zu berücksichtigen – und zwar hinsichtlich Service Level, Volumen, zeitlicher Verteilung, Anzahl gleichzeitig zu bearbeitender Vorgänge und Anzahl der Eskalationen.
Hinzu kommen planerische Einschränkungen, die ebenfalls bedacht werden müssen, wie vorhandene Skills, Verfügbarkeiten, Sperrzeiten, Wunschschichten etc.
Den richtigen Mitarbeiter mit den notwendigen Qualifikationen für den Kunden gerade dann zur Verfügung zu stellen, wenn er benötigt wird, ist eine große Herausforderung. Es ist schon schwierig genug in einem Call Center, welches nur 2-3 Kanäle (Telefon, Fax, E-Mail) bearbeitet, immer die notwendige Anzahl an Ressourcen einzuplanen.
Bei einer komplexen Customer Journey, die über viele verschiedene Kanäle verläuft, gestaltet sich der Prozess der Prognose und Planung wie oben beschrieben noch wesentlich schwieriger. Nicht alle Mitarbeiter beherrschen beispielsweise in gleichem Maße die schriftliche wie mündliche Kommunikation. Nicht alle Mitarbeiter dürfen alle Anliegen des Kunden fallabschließend bearbeiten. Wer gute Chat-Dialoge führen kann, muss nicht unbedingt für die Videotelefonie geeignet sein.
Soll die Customer Experience in einer Omnichannel-Umgebung ähnlich gut sein wie in einem klassischen Call Center, wird die Planung in Zukunft sehr viel kleinteiliger und zeitaufwendiger. Hierbei kann professionelle WFM-Software eine wichtige Stütze sein, indem sie viele verschiedene Szenarien automatisiert durchrechnet, Engpässe erkennt und Lösungen vorschlägt.
Wie werden sich WFM-Tools in Zukunft verändern, um den wachsenden Anforderungen gerecht zu werden? WFM-Software wird zum einen stärker auf künstliche Intelligenz (Artificial Intelligence = AI) setzen. Dies ist beispielsweise im Bereich des Forecastings schon recht weit verbreitet. AI kann dabei unterstützen, automatisiert komplexe Muster in Daten zu erkennen, z.B. wie der zukünftige Kanalmix (der prozentuale Anteil der Kanäle am gesamten eingehenden Kontaktvolumen) aussehen wird und welche Besetzung an Mitarbeitern zum optimalen Ergebnis führt.
Ein weiteres wichtiges Merkmal einer zukunftsorientierten Software besteht darin, dass auf kurzfristige Änderungen im Wochen- und Tagesverlauf schnell reagiert werden kann - beispielsweise mit einer raschen Neuberechnung der Tagesprognose und der benötigten Mitarbeiter.
Für Omnichannel reicht dabei eine simple Was-ist-Wenn-Logik nicht mehr aus. Denn die Zahl der Variablen, die sich ändern können und damit die Planung beeinflussen oder in Frage stellen, ist bei Omnichannel um ein Vielfaches höher. Der Kanalmix kann sich beispielsweise im Laufe des Tages unerwartet ändern, in der Skill-Gruppe „Chat“ gehen vielleicht drei Krankmeldungen ein, die Weiterleitungsquote ist 15 % höher als angenommen und die Anzahl eingehender Chat-Anfragen verdoppelt sich. Software bietet die Möglichkeit, solche kurzfristigen Veränderungen in Echtzeit zu analysieren und spontan Lösungen zu entwickeln.
Die Anforderungen an Planer und Software werden in Zukunft noch weiter steigen. Für die Bewältigung der Komplexität von Omnichannel sollten beide möglichst effizient zusammenarbeiten.