Danke an Ian Robertson von The Forum und Simon Waldron von injixo für ihren wertvollen Beitrag zu diesem Blogpost.
Einige Planer betrachten Reporting als administrative Routinearbeit. Das trifft es aber nicht ganz. Berichte und Analysen sollten die Planungsergebnisse kontinuierlich verbessern, um Unternehmensziele zu erreichen. Mit guten Reportings wird offenbar, wie die Planungsfunktion aus ihren Fehlern lernt. Reportings sind zugleich auch Benchmarks, um Erfolge des Planungsteams zu feiern.
In diesem Blogpost gehen wir davon aus, dass der Leser bereits mit der Mathematik von Contact Centern vertraut ist, daher erkunden wir acht strategische Fehler und wie Du sie am besten vermeidest.
Nicht alle Daten, die Du für Dein Reporting benötigst, sind leicht zugänglich. Es kann verlockend erscheinen, nur über direkt verfügbare Metriken zu berichten - anstatt über die, die tatsächlich wichtig sind. Es obliegt dem Planer, aus Daten unterschiedlicher Quellen einen umfassenden, aussagekräftigen und umsetzbaren Bericht zu erstellen. Idealerweise kann man die Rohdaten direkt aus dem System exportieren. Gute WFM-Systeme verfügen zum Beispiel über eine API (Application Programming Interface), welche die benötigten Daten in das Reporting-Tool Deiner Wahl importiert (z.B. Excel oder Business Intelligence Tools).
Obwohl die WFM Key Performance Indicators (KPIs) die Geschäftsstrategie und die Ziele des Unternehmens widerspiegeln sollten, greifen viele Contact Center stets auf die gleichen generischen KPIs zurück. Lass uns einige beliebte Kennzahlen unter die Lupe nehmen und herausfinden, was sich dahinter verbirgt.
Genaue Prognosen sind unbestreitbar das Fundament für eine effektive Planung. Dennoch wird das übliche Ziel von 95% Genauigkeit oft ohne jegliche Begründung gewählt. Optimale Prognosen sind nicht unbedingt die genauesten, sondern die, die die richtigen Ergebnisse erzielen. Selbst eine 100%ig genaue Prognose ist wertlos, wenn sie ignoriert wird. Umgekehrt ist eine Vorhersage, die nur zu 80% genau ist, aber zu der richtigen Entscheidung führt, ein Erfolg. Wie Ian Robertson von The Forum es ausdrückt: "Prognosegenauigkeit ist kein Maß für Erfolg. Es ist ein Weg, um zu verstehen, wie flexibel Du Deinen Plan gestalten musst".
Mithilfe von Forecasts können Planer Einsatzpläne erstellen, die Nachfrage und Angebot kontinuierlich in Einklang bringen. Um sich daraus ergebende Vorteile optimal zu nutzen, sind manchmal Änderungen der Belegschaft vonnöten, was eher einen operativen als einen planerischen Einsatz erfordert. Simon Waldron von injixo schlägt vor: "Diejenigen im operativen Bereich sollten Antworten auf diese Fragen haben":
Shrinkage ist der Prozentsatz der bezahlten Zeit, in der Agenten nicht verfügbar sind. Dies beinhaltet unproduktive Aktivitäten am Arbeitsplatz (wie Pausen, Meetings, Schulungen und Einzelgespräche), sowie Zeit außerhalb des Büros (z.B. für Urlaub, Krankheit, Verspätung und andere Abwesenheiten).
Ist Shrinkage prinzipiell schlecht? Auf den ersten Blick sieht es so aus, als ob eine Reduzierung der Shrinkage automatisch Deine produktiven Stunden erhöht und Dir hilft, Deine Ziele zuverlässiger zu erreichen. So kannst Du mehr Anrufe bearbeiten und gleichzeitig ein höheres Serviceniveau anbieten - und das alles ohne zusätzliches Personal. Ziemlich gut, oder?
Wie Simon Waldron erklärt, hat die Reduzierung der Shrinkage ihren Preis:
Shrinkage ist ein komplexes Thema. Ähnlich wie beim Thema Überstunden, solltest Du diesem nicht zu viel Gewicht beimessen, denn dies ist ein klassischer WFM-Fehler.
Service Level (SL) ist die einzige Kennzahl, die von praktisch allen Contact Centern verwendet wird. Dennoch lohnt es sich, bewusst zu entscheiden, wie wichtig diese Metrik tatsächlich ist. Ian Robertson hat herausgefunden, dass die Kundenzufriedenheit nicht immer mit dem SL korreliert. Oftmals ist die Wartezeit nicht ausschlaggebend, solange sie unter 10 Minuten bleibt und Anrufern danach ein guter Service geboten wird. SL ist keine Garantie für Qualität oder eine gute Kundenerfahrung. SL-Ziele können sogar unerwünschtes Verhalten fördern, wie z.B. abrupte Interaktionen mit Kunden.
Viele Contact Center setzen sich das SL-Ziel, 80% der Anrufe in 20 Sekunden zu beantworten. Aber 80/20 ist kein wissenschaftliches Verhältnis. Bei der Entstehung der ersten Call Center dauerten 3 Freizeichen im US-Telefonnetz 20 Sekunden, und die 80% sind dem Pareto-Prinzip entlehnt. Die beste Praxis besteht darin, ein SL-Ziel zu wählen, das für die Branche, in der Dein Contact Center tätig ist, angemessen ist. 20 Sekunden sind für Notdienste zu lange, aber in anderen Bereichen oft in Ordnung. Je aggressiver das SL-Ziel ist, desto mehr Personal wird benötigt und desto teurer werden die Kosten.
Ziele haben immer unbeabsichtigte Konsequenzen. Wie Ian Robertson sagt: "Isoliert betrachtet, ist jedes Ziel leicht zu erreichen." Wir können unser Produktivitätsziel auch mit minderwertiger Arbeit erreichen. Wir können unser Qualitätsziel erreichen, indem wir jeden Anruf ewig dauern lassen. Und wir können die Kosten senken, indem wir alle unsere Kunden verlieren oder unsere Agenten ausbrennen, bis sie kündigen. Du kannst sogar Dein SL-Ziel erreichen, indem Du alle Anrufe außerhalb des SL-Ziels an das Ende der Warteschlange umleitest. Während alle diese Ansätze einzeln das Ziel erreichen, bleibt das kollektive Ziel auf der Strecke.
Die Balanced Scorecard Methode hilft hier weiter. Da mehrere Stakeholder im WFM-Prozess zufriedengestellt werden müssen, werden KPIs in jeder Kategorie benötigt:
Nichts ist beständiger als der Wandel. Es mag banal klingen, aber es trifft definitiv auf WFM-Berichte und -Analysen zu. Unternehmen bringen neue Produkte auf den Markt und wenden sich an unterschiedliche Kundengruppen mit unterschiedlichen Serviceerwartungen. Neue Kommunikationskanäle werden wichtiger, während andere wegfallen. Contact Center müssen die Auswirkungen von Ereignissen wie dem Finanzcrash von 2007 oder der COVID-19-Pandemie von 2020 berücksichtigen, da diese Einfluss auf Kundenerwartung und geschäftliche Notwendigkeiten haben. Simon Waldron erinnert: "Als die Pandemie Anfang 2020 explodierte, kam es für viele Organisationen nicht mehr in Frage, sich weiterhin auf Service Level und Prognosegenauigkeit zu konzentrieren. Stattdessen mussten sie sich auf die Antwortrate und die Erstlösungsquote konzentrieren.
KPIs sollten nicht in Stein gemeißelt sein. Überprüfe sie idealerweise bei jedem jährlichen Planungszyklus.
Ian Robertson zitiert den renommierten Psychologen George Armitage Miller, bekannt für seine Arbeit mit dem Titel The Magical Number Seven, Plus or Minus Two (Millersche Zahl). Die Quintessenz: Das durchschnittliche menschliche Arbeitsgedächtnis reicht nur für 7 Fakten. Währenddessen behaupten einige Contact Center, dass sie Dutzende von KPIs verfolgen. Das widerspricht nicht nur Millers Rat, sondern ist auch verschwenderisch, demotivierend und kontraproduktiv. Sobald man akzeptiert, dass es unmöglich ist, alle KPI-Ziele zu erreichen, konzentrieren sich die Meisten auf sogenannte 'Quick Wins' und vernachlässigen die schwierigeren Kennzahlen - auch wenn diese vielleicht wichtiger sind.
KPIs sind strategische Kennzahlen, die die Geschäftsleitung im Griff haben muss. Und obwohl operative Leistungskennzahlen auch eine Rolle spielen, ist es wichtig, die beiden nicht zu verwechseln. Die Erwartung an das Management, sich bei strategischen Entscheidungen auf jeden einzelnen Indikator zu konzentrieren, ist unrealistisch. Für KPIs gilt: Weniger ist mehr. Simon Waldron rät: "4 KPIs pro Stakeholdergruppe sind sinnvoll".
Berichte zu erstellen, die niemand liest, ist wenig sinnvoll. Ian Robertson überlegt: "Liest Du die AGBs auf Webseiten, bevor Du zustimmst? Wenn ja, sind sie wirklich nützlich, oder nur von Anwälten für Anwälte geschrieben?" Überlege, wer Deine Berichte wirklich liest. Sind die Implikationen und geforderten Handlungen klar? Oder fragen sich die Leser nach Deinem Reporting "Was bedeutet das eigentlich?"? Wenn letzteres der Fall ist, ist der Bericht wahrscheinlich von Analysten für Analysten geschrieben.
Planer können Erkenntnisse enthüllen, die einen echten Wert für das Unternehmen darstellen. Doch um dieses Potenzial optimal auszuschöpfen, müssen diese Erkenntnisse gelesen und umgesetzt werden. "Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance" ist ein Sprichwort, das auch für WFM-Reportings gilt. Beginne Dein Dokument daher immer mit einer Kurzfassung, die die wichtigsten Botschaften, Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen zusammenfasst.
Ein weiteres Grundprinzip für WFM-Reporting: "Unterschätze nie die Intelligenz und überschätze nie das Wissen Deiner Leser". Es ist essentiell, die Sprache Deiner Zielgruppe zu kennen und Deinen Schreibstil daran anzupassen.
Ian Robertson verrät: "Gute WFM-Berichte sind so geschrieben, dass sie selbst von Neunjährigen verstanden werden." Eine gute Praxis ist es, niemals 10 Wörter zu verwenden, wo eines ausreicht. Vermeide lange oder ungewohnte Wörter, wenn es kürzere und einfachere Alternativen gibt. Es wird nicht immer möglich sein, Deinen WFM-Bericht dermaßen zu vereinfachen, aber es kann den Lesefluss signifikant verbessern.
Wenn wir wollen, dass sich Menschen mit unserer Idee beschäftigen oder uns zuhören, sind Geschichten das Mittel der Wahl. Aber Menschen machen oft den Fehler, die Geschichte aus der Ich-Perspektive zu erzählen, anstatt aus dem Blickwinkel des Lesers. Leider sind Führungskräfte nicht immer an den Zielen und Herausforderungen des Planungsteams interessiert. Sie fokussieren sich eher auf die Ergebnisse, die das Planungsteam erzielt.
Ian Robertson rät "Wenn es eine Geschichte gibt, bei der wir sicher sein können, dass sie unser Publikum interessiert, dann ist es ihre eigene. Warum also nicht eine Geschichte über sie erzählen?" Stelle ihre Visionen und Erfolgsgeschichten in den Vordergrund, um Deine Leser zum Handeln anzuspornen.
Finde heraus, was Deine Leserschaft motiviert. Für die einen sind es Wachstum und Leistung, für die anderen Risikominderung und wieder andere interessieren sich für eine reibungslose Verwaltung. Contact Center Manager werden sich typischerweise auf die Fluktuation konzentrieren, während der Finanzdirektor wahrscheinlich daran interessiert ist, die Kosten zu senken.
WFM-Systeme, Tabellenkalkulationsprogramme und Business Intelligence Tools bieten unzählige Diagrammtypen an. Man lässt sich leicht dazu verleiten, komplizierte Diagramme auszuwählen, unzählige Farben, 3D-Effekte und Schatten zu verwenden, usw. Aufwendige Diagramme helfen jedoch selten, die Botschaft klar und prägnant zu vermitteln.
Die folgenden 3 Diagramme zeigen alle die gleichen Informationen:
Lass sie uns vergleichen:
Je nach Umständen kann ein Torten- oder Donut-Diagramm angemessen sein. Wenn Du Gemeinsamkeiten hervorheben willst, z.B. in dem Fall, dass Norden und Süden gleiche Werte haben, ist ein Kreisdiagramm sinnvoll. Willst Du kleine Unterschiede aufzeigen, ist ein Balkendiagramm die bessere Wahl.
Die Wahl der Skala kann die Schlussfolgerungen, die der Leser aus den Daten zieht, auf den Kopf stellen. Schau Dir diese beiden Charts an, die angeblich die Prognosegenauigkeit messen:
Das erste Diagramm lässt es so aussehen, als ob die Vorhersage ziemlich genau war. Trotz einiger Abweichungen scheint das Gesamtergebnis positiv zu sein. Das zweite Diagramm zeigt große Abweichungen. Beide Diagramme visualisieren jedoch identische Daten. Theoretisch könnten Planer das erste Diagramm wählen, um das Management zu überzeugen, dass die Prognoseleistung gut ist, obwohl dies nicht der Wirklichkeit entspricht. Das zweite könnte verwendet werden, um die Schwäche der Prognose aufzuzeigen und ein Überdenken des Prognoseansatzes zu rechtfertigen.
WFM-Reportings sollen die Planungsergebnisse kontinuierlich verbessern, damit die Geschäftsziele des Unternehmens erreicht werden. Man lernt mehr aus Misserfolgen als aus Erfolgen. Wenn eine Lektion die Notwendigkeit zum Handeln aufzeigt, muss dies hervorgehoben werden.
Ian Robertson rät: "Jede Erkenntnis, die wir teilen, jeder Bericht, den wir erstellen und jede Präsentation, die wir halten, benötigt eine klare Handlungsempfehlung. Ohne sie ist die gesamte Mühe, die wir mit der Erstellung des Berichts (und unsere Stakeholder mit Lesen!) verbracht haben, verschwendet".
Sowohl bei der Planung als auch im Reporting gilt es, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und Verschwendung zu vermeiden.
Eine Handlungsempfehlung führt nicht zwangsläufig zu sofortigen, greifbaren Veränderungen. Manchmal geht es nur darum, weitere Forschung zu initiieren, um Lösungen zu finden. Oder eine Maßnahme zu stoppen, die keinen Mehrwert bringt oder die Leistung sogar beeinträchtigt. Ian Robertson fasst zusammen: "Es muss nicht unbedingt eine Veränderung sein. Manchmal kann die Maßnahme darin bestehen, das weiterhin zu tun, was man gerade tut. Diejenigen, die sich nicht bewusst sind, dass sie auf dem richtigen Weg sind, neigen dazu, ihn zu verlassen. Manchmal kann die Aktion sein, den Erfolg zu feiern!"
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