Forecasting

Wie Du die Datenqualität für Dein Workforce Management sicherstellst

Juliet Rizek 6 min Lesezeit PDF-Download
Wie Du die Datenqualität für Dein Workforce Management sicherstellst

Eine der wichtigsten Aufgaben eines WFM-Analysten besteht darin, die Datenströme in das WFM-System zu überwachen. Denn auch hier gilt, wirfst Du “Müll” oben rein, bekommst Du “Müll” unten raus. Wenn schon die historischen Daten, auf denen der Forecast basiert, schlecht sind, ist der komplette WFM-Prozess zum Scheitern verurteilt.

Ungenaue Forecasts und somit Abweichungen vom Plan führen in der Tagessteuerung zu Stress und haben großen Einfluss auf die Kundenzufriedenheit. Besser ist es, auf die Prognosegenauigkeit zu achten und bei einer Abweichung von 5% zu schauen, ob die historischen Daten und der Verarbeitungsprozess passen.

Einer der großen Vorteile von Workforce-Management-Software ist die direkte Anbindung der ACD-Anlage (Automatic Call Distributor). So werden Kontaktvolumen, Bearbeitungszeiten (AHT, Average Handle Time), angemeldete Mitarbeiter und noch einige weitere Daten automatisch in das System übernommen. Das erspart eine Menge manueller Eingaben.

Auch wenn die Zeitersparnis mit dieser Datenanbindung enorm ist, solltest Du den Prozess dennoch so steuern und überwachen, dass die Daten akkurate und für das WFM nützlich sind.

Erstmalige Einrichtung

Für die initiale Einrichtung des WFM-Systems wird Deine IT zusammen mit dem WFM-Anbieter die Datenanbindung herstellen. Das beinhaltet sowohl die physikalische Verbindung der Systeme als auch die Datenformate der übermittelten Daten.

Anbindung des Automated Call Distributor

Wie die physikalische Anbindung hergestellt wird, hängt davon ab, ob die beiden Systeme On-Premises oder in der Cloud sind. Sind beide Systeme auf Deinen eigenen Servern, wird die Verbindung über euer Unternehmensnetzwerk hergestellt. Sind beide in der Cloud, wird eine verschlüsselte, direkte Verbindung über das Internet möglich sein. Sollt Deine ACD On-Premises sein, die WFM aber in der Cloud, wird eine Middleware nötig sein, die der WFM-Anbieter zur Verfügung stellen können wird.

Die meisten WFM-Anbieter haben bereits direkte Integration von ACD-Anbietern. An dieser Stelle sollte es also zu keinen Problemen kommen.

Sollte Echtzeit-Adherence zum Einsatz kommen, werden weitere Daten aus der ACD benötigt. Da diese Daten halb- oder viertelstündlich abgerufen werden, benötigen diese Daten vermutlich eine gesonderte Verbindung. Das kann weitere Kosten auf Seiten der ACD-Anlage verursachen.

Multichannel-Anbindung

In modernen Contact Centern sind Anrufe aber nur einer von vielen Kontaktkanälen. Die gute Nachricht ist, dass auch für die Anbindung von E-Mails, Tickets, Webchats und Social-Media die gleichen Prinzipien gelten. Moderne ACD-Systeme können bereits mehrere Kanäle abbilden, so dass auch diese Daten womöglich dort abgerufen werden können.

Allerdings solltest Du bei der Einrichtung dieser Datenströme darauf achten, dass die Verarbeitungszeit von E-Mails und Chats nicht so einfach zu benennen ist wie die von Anrufen. Manchmal sind gar keine AHT-Daten für diese Kanäle vorhanden. Dann wird eine durchschnittliche AHT für alle Kontakte des Kanals geschätzt, die für die Berechnung des Personalbedarfs zugrunde gelegt wird.

Wenn das der Fall sein sollte, könntest Du einige echte Messungen anstellen, die Du als Basis für Deine Schätzung nimmst. Wie gut das eingesetzte Personal dann diese geschätzte AHT einhalten kann, gibt Dir Aufschluss darüber, inwieweit Du Deine Schätzung anpassen musst. Hast Du zum Beispiel zu wenige Mitarbeiter eingeplant, solltest Du Deinen Schätzwert erhöhen.

Es ist eine gute Idee, dass Du Dich bei dem WFM-Anbieter rückversicherst, dass alle Daten korrekt übernommen werden. Auch sollte klar sein, wo die Grenzen der Informationen liegen, die das System erhält. Darüber hinaus musst Du Dir vergegenwärtigen, welchen Status Deine Agenten für die schriftlichen Kontakte verwenden sollten. Ohne genaue Vorgaben wird die Bearbeitungszeit nie passen.

Anbindung anderer Systeme

Du kannst auch weitere Systeme an die WFM-Software anbinden, wie Gehaltsabrechnung, Zeitwirtschaft, Qualitätssicherung oder E-Learning Plattform. In den meisten Fällen werden diese Systeme allerdings Daten aus der WFM-Lösung beziehen und nicht liefern. Doch auch ein wechselseitiger Datenaustausch ist möglich.

Vorsicht bei der Formatierung der Daten

Die Formatierung der übermittelten Daten ist ein kritischer Aspekt bei der Einrichtung, dem Du besondere Aufmerksamkeit schenken solltest. Jedes Datenpaket aus der ACD hat sein eigenes spezifisches Format. Beim Import in das WFM-Tool müssen die Daten deswegen den entsprechenden Feldern für Anrufvolumen, AHT etc. zugeordnet werden. Und das für jede Kontaktart und jede Zeitspanne (Woche, Tag, Intervall).

Nehmen wir beispielsweise an, dass ein Vertriebsanruf aufgrund zu langer Bearbeitungszeit im Verkaufsteam an ein anderes Team weitergeleitet wird. Für das WFM-System ist es wichtig, dass dieser Anruf dennoch als Vertriebsanruf gezählt wird.

Wird er stattdessen als Serviceanruf gewertet, da er vom Serviceteam bearbeitet wurde, wird damit das Anrufvolumen des Serviceteams künstlich erhöht, während das des Verkaufsteams zu gering ausfällt.

Ein Forecast, der nun auf diesen Daten beruht, wird zu wenige Mitarbeiter für das Vertriebsteam planen und zu viele für das Serviceteam. Das wiederum wird zu noch mehr Überlauf im Vertriebsteam führen, der von anderen Teams übernommen werden muss. Ein Teufelskreis.

Für die meisten Contact Center werden Multiaktivitäten die beste Lösung für dieses Problem darstellen. Die könnten wie folgt aussehen:

  • Vertriebskompetenz für Mitarbeiter, die vorrangig im Vertriebsteam arbeiten
  • Vertriebsbackup für Mitarbeiter, die nachrangig Verkaufsanrufe bearbeiten
  • Servicekompetenz für Mitarbeiter, die vorrangig im Serviceteam arbeiten
  • Servicebackup für Mitarbeiter, die nachrangig Serviceanrufe bearbeiten

Jetzt können sich Anrufe gleichzeitig in der Warteschlange der Vertriebs- und der Vertriebs-Backup-Aktivität befinden. Eine andere Möglichkeit wäre, erst nach einer Verzögerung oder bei Überschreitung eines Schwellenwertes das Backup-Team auszuwählen.

Dieser Ansatz erfordert mehr Aufwand seitens der IT, der jedoch für die Genauigkeit der Daten unerlässlich ist.

Fortlaufende Steuerung

Ist die Implementierung einmal durchgführt, kann man endlich die Früchte seiner Arbeit ernten. Könnte man denken. So leicht ist es dann doch nicht. Und darin liegt eine ganze Menge Frustpotenzial. Schlechte Forecasts könnten dem WFM-Tool angelastet werden, obwohl das Problem eigentlich durch inkorrekte Daten aus der ACD entsteht.

Die meisten WFM-Systeme leiten aus den historischen Daten Durchschnittswerte für verschiedene Zeitspannen (Wochen, Tage, Intervall) ab. Dabei können kleinere Schwankungen geglättet werden. Als Ergebnis speichert das System die prozentuale Verteilung des gesamten Kontaktvolumens für die verschiedenen Zeitspannen, beispielsweise der prozentuale Anteil des Montags an der gesamten Woche oder des Intervalls zwischen 9:00 Uhr und 9:15 am gesamten Tag. Gibt der Nutzer nun ein prognostiziertes Kontaktvolumen für den kommenden Zeitraum ein, kann das System mit Hilfe des errechneten Verteilungsmusters dieses auf die verschiedenen Zeitabspannen herunterbrechen. In ähnlicher Weise speichern die Systeme den AHT-Durchschnitt, so dass auch dieser verwendet werden kann.

Verfälschen nun schlechte historische Daten das Verteilungsmuster, resultiert das zwangsläufig in einer größeren Ungenauigkeit des Forecasts, damit in einer ungenauen Planung und letztendlich in Stress im Tagesgeschäft.

Fehler aufgrund einer Störung

Die Datenanbindung kann aus verschiedenen Gründen gestört werden, etwa durch Software- oder Hardwarefehler. Dadurch kann es passieren, dass falsche Daten im WFM-System ankommen, wie etwa eine Periode von drei 15-Minuten-Intervallen, in denen 0 Anrufe registriert wurden. Manchmal kann ein Re-Import der Daten das Problem beheben, manchmal aber auch nicht. Aber in jedem Fall musst Du den Fehler erkennen und entsprechend handeln. Zum Beispiel auf Basis ähnlicher Muster, die Daten extrapolieren oder den Tag mit den falschen Daten komplett ausklammern.

Außergewöhnliche Ereignisse

Die Überprüfung der ins WFM-System eingehenden Daten sollte eine tägliche Aufgabe sein. Auch außerhalb von technischen Fehlern können die Daten Abweichungen enthalten, die zu einer schlechteren Forecast-Genauigkeit führen. So kann zum Beispiel eine Marketingkampagne in der letzten Periode deutlich mehr Anrufe als gewöhnlich verursacht haben. Oder das IVR-System (Interactive Voice Response) war ausgefallen und so wurden mehr Anrufe an die Agenten durchgestellt. Aber auch die AHT hängt von Ereignissen ab, die die Daten verfälschen können, wie etwa das Onboarding vieler neuer Mitarbeiter, oder eine besonders langsame die Computeranlage.

Alle diese Situationen haben gemein, dass sie nicht der Normalfall sind und deswegen nicht in die gemittelten Werte für den Forecast eingehen sollten. Eine Hauptaufgabe von Dir als WFM-Analyst ist es, diese Abweichungen zu identifizieren und die Ursache zu untersuchen. Wird die Ursache für die Abweichung relativ wahrscheinlich auch in Zukunft nochmals vorkommen, wie etwa Marketingaktionen, sollten die Daten als Vorlage für zukünftige Anpassungen gespeichert werden. Ist die Ursache hingegen eher eine einmalige Sache, müssen die Daten bereinigt bzw. normalisiert werden.

Systemänderungen

Ein weiteres Problem, das Du auf dem Schirm haben solltest, sind Änderungen in der ACD-Anlage oder im WFM-System, die Einfluss auf die Datenverarbeitung haben könnten. Wird zum Beispiel eines der beiden Systeme auf eine neuere Version umgestellt, könnte eine neue Daten-Felder-Zuordnung nötig sein. Auch neue Anrufarten oder Routing-Einstellungen müssen mit dem WFM-System abgeglichen werden, um sicherzustellen, dass sie bei der Planung zu den Mitarbeitergruppen passen.

Es passiert leider schon mal häufiger, dass Änderungen in der ACD vorgenommen wurden, diese aber nie mit dem WFM-System verknüpft wurden. Die Folge: Schlechte Daten, schlechter Forecast, schlechte Planung, schlechtes Service Level, einfach ein schlechter Prozess.

Änderungen im operativen Geschäft

Geänderte Öffnungszeiten und Konsolidierungen von Queues erfordern ebenfalls Anpassungen. Diese sind häufig so gravierend, dass sie die historischen Daten komplett unbrauchbar machen. WFM-Systeme erlauben es Dir, die Verteilungsmuster ggfs. durch komplett neue Schätzungen für die erste Verteilung zu ersetzen. Die nächsten Wochen wird das System korrekte Daten erhalten und auf Basis derer die Verteilungen anpassen können.

Zusammenfassung

Schlechte Daten erzeugen schlechte Ergebnisse. So einfach kann es sein. Nur wenn die Daten korrekt und repräsentativ sind, kann der Workforce-Management-Prozess die Ergebnisse liefern, die erwartet werden. Sind die Daten schlecht, entsteht ein Teufelskreis, der das Unternehmen und die Beziehung zur Geschäftsleitung belastet. Letztendlich wird der Kunde der Leidtragende sein. Lieber früh und regelmäßig die Daten kontrollieren, als später Feuerwehr zu spielen.

Der WFM-Tool-Anbieter Deines Vertrauens wird Dir und Deinem Team sicherlich dabei helfen, die korrekte Datenverbindung sicherzustellen und die Richtigkeit der Daten zu gewährleisten. Ruf ihn einfach an. Deine Agenten und auch Deine Kunden werden es Dir danken.

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