Eine ständige Herausforderung in unserer Branche: Wir müssen konstant darauf achten, dass sich Kapazitäten und Arbeitspensum im Contact Center die Waage halten. Wenn Du zusätzliche Kapazitäten schaffst und expandierst, kannst Du mehr Arbeit bewältigen und schnellen Service liefern. Allerdings wird Dein Call Center nicht immer optimal ausgelastet sein. Dann hast Du zwar zufriedene Kunden und Mitarbeiter – aber Einbußen bei der Gewinnmarge.
Du kannst auch auf das jeweilige Auftragsvolumen reagieren und, sobald nötig, neue Mitarbeiter einstellen, sodass Bedarf und Kapazität stets zusammenpassen. So maximierst Du Deinen Profit kurzfristig. Allerdings mutest Du Deinen Kunden langsamen Service zu, weil Du immer etwas im Rückstand bist und Arbeit aufholen musst. Und Deine Mitarbeiter könnten bald von dem schwankenden Arbeitspensum genervt sein.
Wie bekommst Du die Balance zwischen Arbeitspensum und verfügbaren Kapazitäten besser hin? Wie alles im Workforce Management hängt das von den Geschäftsprioritäten ab. Ich kenne viele Contact-Center-Kollegen, die sich ganz sicher sind, den Königsweg gefunden zu haben. Aber hierbei geht es weniger um den einen Lösungsansatz, sondern vielmehr darum, diesen unter Berücksichtigung konkreter Geschäftsziele einzubinden. Eine Firma, die ihre starke Marke schützen muss, wird eher im Vorhinein ihre Kapazitäten ausbauen, obwohl das weniger profitabel sein mag. In dieser Strategie geht es um eine Investition in die Pflege der Marke und des Kundenstamms – für den langfristigen Gewinn. Es kann also sein, dass ein weniger effizienter Ansatz am Ende profitabler ist.
Du kannst auch strikt nach Lehrbuch vorgehen und auf jede neue Situation Deine Formeln anwenden, ohne den Kontext zu beachten. So allerdings verspielst Du schnell Deine Glaubwürdigkeit bei der Geschäftsführung, die immer für das “große Ganze” verantwortlich ist. Wenn Du mit ihr gut zusammenarbeiten willst, müssen Dir die Geschäftsprioritäten bewusst sein.
Wenn Du Dir der Geschäftsprioritäten bewusst bist, entwickelst Du davon ausgehend einen Aktionsplan für mehr Flexibilität.
Dafür beginnst Du am besten mit dem jährlichen (oder einem möglichst langfristigen) Planungszyklus. So hast Du die meisten Optionen bei der Justierung der Kapazität (den Mitarbeitern) entlang des Bedarfs (dem Arbeitspensum). Lege eine Grafik an, die den monatlichen Bedarf und die voraussichtlichen personellen Ressourcen übersichtlich zusammenfasst. Das ist Dein Ausgangspunkt. Du siehst auf einen Blick, wo Du stehst und was Dein Ziel ist. Meine Empfehlung: Bewahre die Grafik auf und komme im Laufe des Planungsprozesses darauf zurück. Deine Perspektive und die Variablen werden sich noch einige Male ändern. Da ist es sinnvoll, sich die Ausgangsfrage jederzeit noch einmal vor Augen führen zu können.
In der obigen Beispielgrafik zeigt die Fläche zwischen der orangefarbenen und der grünen Linie das Problem, das Du in der Deiner Personalplanung lösen musst.
Was bedeutet das? Bevor Du gleich zu kreativen Maßnahmen greifst und Zeitarbeiter anheuerst oder Überstunden einplanst, versuche zuerst, die Spitzen Deiner Bedarfskurve abzuflachen. Wenn der Bedarf im Juli bei 48 Vollzeitmitarbeitern liegt, im August bei 62 und im September bei 52, wird es schwer, den August abzudecken, ohne im Juli und September unterbeschäftigte Angestellte bezahlen zu müssen. Wenn Du aber einen Weg findest, die Bedarfskurve zu begradigen, lässt sich das Problem schon leichter lösen.
Dafür hast Du zwei Hebel:
Diese Variable ist im Allgemeinen leichter zu kontrollieren. Dafür prüfst Du zuerst, wie viel Prozent der Zeit Deine Mitarbeiter voraussichtlich nicht am Telefon sein können, weil diese Zeit für Weiterbildungen, Meetings, Urlaub und Fehltage eingeplant ist. Wie lässt sich diese Zeit von einem bedarfsintensiven Monat zu einem Monat mit geringerem Arbeitsaufkommen verlagern? Weiterbildungen, Meetings und Urlaub lassen sich oftmals verschieben. Wenn der fragliche Monat näher rückt, stellst Du sicher, dass er tatsächlich trainings- und urlaubsfrei bleibt. Und was lässt sich gegen Fehltage tun? Motiviere Deine Mitarbeiter mit Boni oder anderen Anreizen für alle, die in der heißen Phase Dir unbedingt die Unterstützung der operativen Führungskräfte.
Eine nicht sonderlich beliebte Variable, die allerdings ebenfalls bedingt veränderbar ist. Natürlich gibt es bestimmte Rahmenbedingungen – so kommt zum Beispiel niemand auf die Idee, an Weihnachten Geschäftsreisen zu buchen. Dennoch gibt es Möglichkeiten, Auftragsvolumina von einem in den anderen Monat zu verschieben. Das Ziel hierbei ist es, Deinen Betrieb möglichst kostengünstig mit Mitarbeitern zu besetzen. So kann es sich lohnen, Deine Kunden durch Spezialangebote dazu zu bewegen, Dich während lastschwachen Monaten zu kontaktieren. Zusätzlich kannst Du vor laststarken Monaten Deine Self-Service-Funktionen ausbauen: beispielsweise die Ansage im Sprachdialogsystem oder in der Warteschleife, die die Kunden auf Deine Self-Service-Leistungen hinweist. Du kannst auch proaktiv vorgehen und in E-Mails oder auf Rechnungen die bequeme Selbstbedienung empfehlen.
Und wenn Du wirklich alle Register ziehen willst, erfüllst Du Bestellungen, die Du noch gar nicht erhalten hast – von denen Du aber weißt, dass sie zu einer bestimmten Zeit reinkommen. Gehe das Risiko von Retouren ein. Für manche Unternehmen kann ein solches Vorgehen sinnvoll sein. Zum Beispiel in der Medizinbranche, wo Kunden mit Dauermedikation alle paar Monate Nachschub brauchen. Für viele andere ist es sicherlich nicht dienlich - aber WFM-Profis sollten keine Möglichkeit unbeachtet lassen.
Beispiel: Sie Dir die einzelnen Bestandteile Deines Gesamtbedarfs an, um Möglichkeiten zu finden, Arbeit in andere Monate zu verschieben.
Du hast nun einen genauen Überblick über den Bedarf – jetzt geht es an die Ressourcen. Schau Dir zu Beginn noch einmal Deine Bedarfskurve an. In welchem Monat ist sie am niedrigsten? Bezogen auf diesen Monat solltest Du Deine Vollzeit-Mitarbeiter verplanen. Wenn also der März, in dem Du 45 Vollzeit-Mitarbeiter benötigst, Dein ruhigster Monat ist, und das Maximum im Oktober mit 67 Mitarbeitern liegt, dann brauchst Du 45 Angestellte. Denn diese kannst Du das ganze Jahr über beschäftigen. Nun ermittelst Du die Differenz, die Monat für Monat zu den 45 Vollzeitbeschäftigten besteht. Das ist die Zahl der Vollzeitäquivalente, die Du durch flexible Personalbeschaffung abdecken musst.
Jede Methode ist mit unterschiedlichen Kosten-Nutzen-Abwägungen verbunden. Arbeitest Du mit Deinen Geschäftspartnern zusammen, wenn es um heikle Themen wie Überstunden (z.B. ab wann leidet die Produktivität und Motivation der Angestellten?) oder die Einstellung von Teilzeitbeschäftigten geht? Stimme Dich eng ab – so bekommst Du wichtigen Input, der Dir bei der Entscheidung hilft.
Für den ganzen Prozess der Personalplanung gilt: Hinterfrage alle Deine Prämissen. Einige Ideen werden auf Widerstand stoßen. Andere werden schon vorher einmal nicht geklappt haben. Wieder andere werden zu aufwändig erscheinen oder Deinen Mitarbeitern Unannehmlichkeiten bereiten. Es gibt keine Patentlösung für Flexibilität im Contact Center. Um die besten Lösungen zu finden, musst Du Deine Geschäftsziele genau im Blick haben, alle Optionen überprüfen, und mit Deinen Kollegen an einem Strang ziehen.
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