Contact Center spielen eine zentrale Rolle, um Kunden während der aktuellen Coronavirus-Pandemie auf dem Laufenden zu halten - und sie zu beruhigen. Denn wenn Kunden in Panik geraten, greifen viele direkt zum Hörer. Aber was tun, wenn das Arbeitsaufkommen in Deinem Contact Center rasant zunimmt und die Wartezeiten explodieren?
Dein Unternehmen steht vermutlich vor großen Problemen - hierzu gehören unter anderem fehlende Agenten, hohe Anrufvolumen und steigende Bearbeitungszeiten. Du solltest daher jetzt einen Krisenplan erstellen, der Dir dabei hilft, schlechte Kundenerfahrungen zu reduzieren und Deinen Mitarbeitern die Unterstützung zukommen zu lassen, die sie jetzt benötigen.
In erster Linie zielt ein solcher Plan darauf ab, das gestiegene Anrufaufkommen zu bewältigen. Hier erfährst Du, welche Maßnahmen wirklich helfen.
Teamübergreifende Krisen-Meetings einrichten
Damit Kunden rasch mit allen notwendigen Informationen versorgt werden, müssen alle Abteilungen zusammenarbeiten und ihr Vorgehen koordinieren. Richte abteilungsübergreifende Meetings mit Führungskräften und Mitarbeitern in Schlüsselpositionen ein.
Diese Personen sind Dein Krisenstab. Schaffe ein offenes Forum, um Ideen und Pläne zu diskutieren, wie Mitarbeiter und Kunden in der Krise unterstützt werden können. Besprecht als erstes die Bedürfnisse, Sorgen und Probleme der Mitarbeiter. Anschließend solltet ihr beraten, wie den Kunden geholfen werden kann.
Massenkommunikation für Kunden
Der Krisenstab sollte Informationen entwickeln, die allen Kunden zur Verfügung gestellt werden können. Notiere, welche Arten von Informationen zu welchem Thema benötigt werden. Achte darauf, dass keine Kundengruppe vergessen wird. Die Informationen sollten hilfreich und relevant sein. Der gesamte Krisenstab sollte beteiligt sein, um sicherzustellen, dass keine wichtigen Informationen vergessen werden.
Da in Deinem Krisenstab alle Abteilungen vertreten sind, beziehst Du auch alle Kommunikationskanäle mit ein. So kann die Marketingabteilung beispielsweise Massen-E-Mails und -SMS an Kunden versenden oder Social-Media-Posts einstellen. Das Vertriebs- oder Kundenbetreuungsteam kann hingegen wichtige Kunden durch persönliche Anrufe informieren.
Durch diesen umfassenden Kommunikationsansatz können mehr Kunden erreicht werden. Sie alle erhalten proaktiv wichtige Informationen, bevor sie zum Telefon greifen müssen. Auf diese Weise wird das Anrufvolumen gesenkt und Deine Agenten werden entlastet.
Kundenprobleme dokumentieren und antizipieren
In Deinem Contact Center gehen aktuell viele neue Fragen ein. Es lohnt sich, diese zu kategorisieren und Vorlagen für einheitliche Antworten zu erarbeiten. Gehe dabei folgendermaßen vor:
- Dokumentiere die Fragen und erstelle klare, durchdachte Antworten.
- Achte bei der Ausarbeitung der Antworten darauf, dass sie vollständig sind. Überlege, welche weiteren Fragen aus Deinen Antworten entstehen könnten und wie sie zu beantworten sind.
- Bitte alle Abteilungen um Feedback, sobald Du ein Dokument mit Fragen und Antworten erstellt hast. Klopfe alle Antworten vor allem auch auf ihre rechtlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen ab.
Mitarbeiter informieren, wie sie auf typische Fragen reagieren sollen
Sobald du das Q&A-Dokument erstellt und überprüft hast, kannst Du daraus ein Skript für die Agenten ableiten. Verteile das Skript an Deine Kundenservice-Teams. Gehe die Fragen und Antworten mit den Agenten und Teamleitern durch und diskutiere mögliche Unklarheiten. Jeder Agent und Teamleiter sollte genau verstehen, was die Antworten bedeuten und welche rechtlichen und wirtschaftlichen Überlegungen dahinterstehen.
Sobald alle das Skript verstanden haben, wird sich das Service-Team im Umgang mit Kunden deutlich sicherer fühlen. Agenten werden in die Lage versetzt, informiertere und emphatischere Antworten zu geben. Außerdem reduziert sich die Zeit, die Kunden in der Warteschleife verbringen müssen, während Agenten recherchieren, wie sich eine Frage beantworten lässt. Dadurch verbessert sich die Kundenerfahrung und die durchschnittliche Bearbeitungszeit (AHT) sinkt.
Gib Deinem Serviceteam die Möglichkeit, schnellere, informiertere und emphatischere Antworten zu geben.
FAQ zur aktuellen Situation erstellen
Das Skript für die Agenten eignet sich auch hervorragend, um es leicht abgewandelt als FAQ auf Deine Website zu stellen. Sorge dafür, dass das FAQ für Websitebesucher leicht auffindbar ist. Am besten arbeitest Du mit Deiner Marketing- oder IT-Abteilung zusammen, um das FAQ über verschiedene Kommunikationskanäle zu verbreiten. Du kannst es auch beispielsweise als Banner unter der Menüleiste auf allen Deinen Websites einblenden.
Je besser es Dir gelingt, das FAQ dort sichtbar zu machen, wo sich Deine Kunden aufhalten, desto besser. So reduzierst Du wirksam die Zahl der Anrufer in Deinem Contact Center.
Eskalationsprozess für Anrufe überarbeiten
Dein Contact Center verfügt sicher über einen Eskalationsprozess zum Umgang mit schwierigen oder verärgerten Kunden. Während einer Krise muss dieser Prozess möglicherweise neu bewertet werden. Du solltest Folgendes berücksichtigen:
- Fehlendes Personal (Manager und Vorgesetzte, die normalerweise bereitstehen, um diese Anrufe zu übernehmen)
- Deutlich mehr Anrufer, die nach einem Vorgesetzten fragen
- Eventuelle Zugeständnisse, die Dein Unternehmen machen kann
Wenn viele Kunden gleichzeitig nach einem Vorgesetzten fragen, sollte ein Rückruf angeboten werden. Hierbei sollte die Erwartungshaltung des Anrufers aktiv gemanagt werden:
- Informiere über die ungewöhnlichen Umstände, z.B. mit den Worten: „Leider erreichen uns gerader sehr viele Anrufe zu diesem Thema. Mein Teamleiter ist daher aktuell nicht verfügbar."
- Informiere darüber, wann ein Anruf vom Vorgesetzten zu erwarten ist: „Mein Teamleiter kann sich innerhalb einer Stunde bei Ihnen melden. Wären Sie in diesem Zeitraum erreichbar?“
Wenn die Zahl der Anrufer, die einen Vorgesetzten sprechen wollen, stark zunimmt, solltest Du das Problem mit dem Krisenstab besprechen. Möglicherweise besteht eine Lösung darin, eine weitere Massenkommunikation mit häufigen Fragen und Antworten an die Kunden zu senden.
Wichtige Kunden über Kontaktmöglichkeiten informieren
Das gestiegene Anrufvolumen kann dazu führen, dass wichtige Kunden, die dringend Unterstützung benötigen, mit ihrem Anruf nicht mehr durchkommen. Du solltest diese Kunden darüber informieren, wann das Contact Center am besten erreichbar ist.
Möglicherweise willst Du auch ein bestimmtes Zeitfenster komplett für sie freihalten oder eine gesonderte Hotline für sie einrichten. Der Krisenstab kann eine entsprechende Mitteilung formulieren und an betroffene Kunden senden.
Training & Einzelcoachings anbieten
Um eine hohe Servicequalität sicherzustellen, benötigen Deine Agenten Schulungen. Wenn Du zu wenige Ressourcen zur Verfügung hast, um Schulungsmaterialien selbst zu erstellen, kannst Du auf externe Schulungsanbieter zurückgreifen, die sich auf Contact Center spezialisiert haben, z.B. auf The Call Center School.
Zu den Schulungsmaterialien, die Deine Agenten in Zeiten der Corona-Pandemie benötigen, gehören möglicherweise:
- Sicherheit und Hygiene am Arbeitsplatz
- Arbeiten aus dem Homeoffice und wie man einen Homeoffice-Arbeitsplatz einrichtet
- Umgang mit schwierigen Anrufern
- Änderungen bei den Telefonie-Skripten
Einzelcoachings helfen Deinen Agenten, mit dem zusätzlichen Stress umzugehen. Sie erhalten außerdem die Gelegenheit, Fragen zu stellen und erfahren alles über aktuelle Änderungen im Unternehmen und wie sich diese auf die Kunden auswirken.
Mithilfe Deiner Agenten kannst Du ein automatisches Feedback-System aufbauen, um regelmäßig Rückmeldungen zu erhalten, wie es Deinen Kunden gerade geht. Die Informationen können wiederum an den Krisenstab zurückgespielt werden, um aktuelle Initiativen zu verbessern und besser auf Kunden abzustimmen.
Das Problem von Einzelcoachings und Trainings besteht darin, dass Agenten in dieser Zeit keine Anrufe entgegennehmen können. Doch die Zeit ist gut investiert. Agenten sind die Schnittstelle zum Kunden. Sie sollten genau wissen, was in der aktuellen Situation zu tun ist.
Einzelcoachings mit einer WFM-Software planen
Wenn Du über eine WFM-Software wie injixo verfügst, kannst Du die Funktion der Pausenoptimierung verwenden, um die optimalen Zeiten für die Verplanung von Einzelcoachings zu ermitteln. Du kannst angeben, wie lange Deine Coaching-Sitzung dauern soll (15-45 Minuten) und die Software wird jedem Agenten den bestmöglichen Termin zuweisen.
Automatischen Rückruf-Service einrichten
Wenn Kunden länger warten müssen, sollte ihnen ein Rückruf angeboten werden. Diese Einstellung kann normalerweise in Deinem Sprachdialogsystem (IVR) vorgenommen werden. Die Maßnahme trägt dazu bei, das Arbeitsaufkommen besser über den gesamten Tag zu verteilen.
Ein anderer Ansatz besteht darin, die IVR zu nutzen, um Anrufer zu den richtigen Agenten weiterzuleiten, beispielsweise indem eine Krisen-Hotline zu bestimmten Fragestellungen angeboten wird. Du kannst die IVR auch nutzen, um Anrufer auf Informationen aufmerksam zu machen, mit denen sie ihre Fragen selbständig beantworten können. So könntest Du Kunden beispielsweise auf eine bestimmte Webseite oder E-Mail-Adresse verweisen.
Kunden hassen es, sich durch komplizierte Menüstrukturen in der IVR klicken zu müssen. Stelle daher sicher, dass Deine Änderungen die Qualität der Kundenerfahrung nicht beeinträchtigen.
Re-Forecast basierend auf aktuellen Daten durchführen
Während einer Krise wie der Corona-Pandemie wird ein höheres Anrufvolumen schnell zum Normalzustand. Deine aktuellen Daten unterscheiden sich vermutlich stark von denen vergangener Monate. Deine Forecasts und Einsatzpläne sind dann veraltet und sollten schnellstmöglich überarbeitet werden.
Als erste Notlösung kann es hilfreich sein, Forecasts und Einsatzpläne aus einem anderen Zeitraum heranzuziehen, der vom Arbeitsaufkommen her der aktuellen Situation ähnelt.
Besser ist es natürlich, wenn Du basierend auf den aktuellen Daten einen komplett neuen Forecast erstellst. Auch Re-Forecasts im Tagesverlauf sind empfehlenswert, wenn das Anrufvolumen vom Forecast abweicht. Am besten gelingt das mit einer Workforce-Management-Software wie injixo. Aber auch Tools wie Excel können genutzt werden, um eine neue Prognose zu erstellen. Je genauer der Forecast, desto genauer entsprechen die Einsatzpläne dem tatsächlichen Bedarf.
Zusammenfassung
Hier noch einmal eine Zusammenfassung der Maßnahmen, die in diesem Artikel vorgestellt wurden:
- Krisenstabs-Sitzungen mit abteilungsübergreifenden Führungskräften und Schlüsselmitarbeitern einrichten
- Massenkommunikation für verschiedene Kanäle erstellen, um Kunden zu informieren und unnötige Anrufe zu vermeiden
- Typische Fragen und Antworten dokumentieren, um damit Agenten zu schulen; je weniger Zeit Agenten mit der Suche nach einer Information verbringen, desto besser.
- FAQ zur Krise erstellen und auf einer Website einfach abrufbar machen
- Den Eskalationsprozess für Anrufe anpassen
- Einen Rückruf vom Teamleiter oder Manager vereinbaren, statt Anrufe für lange Zeit in die Warteschleife zu schicken
- Drängende Kundenprobleme im Krisenstab diskutieren und Gegenmaßnahmen einleiten, beispielsweise ein Massen-Mailing
- Wichtige Kunden darüber informieren, wann das Contact Center am besten erreichbar ist und evtl. eine gesonderte Hotline einrichten
- Schulungen zur Krise für Agenten anbieten
- Einzelcoachings anbieten, um Agenten die Gelegenheit zu geben, Fragen zu stellen
- Regelmäßig Echtzeit-Feedback von Kunden einholen
- Einen automatischen Rückrufservice in der IVR einrichten
- Die Benutzerführung der IVR anpassen, um Anrufer mit den richtigen Agenten zu verbinden
- Re-Forecasts durchführen und die Einsatzpläne entsprechend anpassen
Eine weitere effektive Möglichkeit, dem hohen Anrufvolumen während der Corona-Pandemie zu begegnen, ist Homeoffice. Agenten können dann deutlich flexibler eingesetzt werden. Ein Blogpost zu diesem Thema wird demnächst veröffentlicht.
Dir hat der Artikel gefallen und Du möchtest ihn mit Deinen Kollegen teilen? Lad ihn als PDF herunter.